Vorlesung
Lineare Funktionalanalysis∗
Sommersemester 2024
apl. Prof. Dr. Nils Ackermann
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt
Stand 11. April 2024
∗Beruhend auf einem Skript von Prof. Dr. Weth
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
Schwerpunkt der Vorlesung ist die systematische Untersuchung unendlich-dimensionaler normierter Räume und der stetigen linearen Abbildungen zwischen diesen Räumen. Die hierbei entwickelte Theorie ist Grundvoraussetzung für die Behandlung wichtiger Problemstellungen u.a. im Bereich der partiellen Differentialgleichungen, der mathematischen Physik, der Numerik und der Stochastik. Ein wesentliches Merkmal der Funktionalanalysis ist das fruchtbare Zusammenspiel analytischer und linear
algebraischer Zusammenhänge. Eine Ausgangsfrage der linearen Algebra ist die Frage der Lösbarkeit linearer Gleichungssysteme der Form
Hier und im Folgenden seien oder und . Ferner sei eine Matrix gegeben. Die Menge der Lösungen ist gesucht. Lösbar ist dieses Gleichungssystem genau dann, wenn im Erzeugnis der Spalten von liegt; dies ist leicht zu entscheiden. Im Falle der Lösbarkeit kann man den affinen Lösungsraum dann als Summe einer speziellen Lösung und des Kerns von schreiben, wobei man diesen Kern ebenfalls leicht durch Zeilenumformungen von bestimmen kann. In der Funktionalanalysis betrachtet man u.a. ähnlich aussehende Probleme der Form
Hierbei ist gegeben und gesucht, wobei nun und unendlich-dimensionale Vektorräume über seien und eine -lineare Abbildung gegeben ist. In Anwendungen sind dabei und oft Funktionen, d.h. Elemente von Funktionenräumen. Wir werden sehen, dass wir zur strukturellen Untersuchung solcher unendlich-dimensionalen Probleme analytische Eigenschaften ins Spiel bringen müssen. Insbesondere werden wir voraussetzen, dass und normierte Vektorräume sind und stetig ist.
Einfaches Beispiel
Wir betrachten die Ruhelage einer eingespannten Saite, deren Auslenkung in vertikaler Richtung durch den Graph einer Funktion mit beschrieben sei. Auf diese Saite möge nun die vertikale Kraft am Punkt wirken. Im Falle der Gewichtskraft wäre dies z.B. für , wobei als Produkt der Massendichte der Saite und der Schwerebeschleunigung gegeben ist. Die Form der Saite wird dann (bis auf eine Konstante) durch die Gleichungen
|
(1.2) |
beschrieben. Diese Gleichungen in den unendlich vielen Punkten kann man zusammenfassend in der Form (1.1) schreiben, wenn man z.B. die Vektorräume
|
und die lineare Abbildung , betrachtet. Glücklicherweise ist in diesem Fall das Problem eindeutig lösbar, und die Lösung ist gegeben durch
|
mit der Greenfunktion
|
Man beachte, dass ein sogenannter Integraloperator ist, den man als Matrix mit durch indizierten Einträgen betrachten kann. Damit wäre das einfache Problem (1.2) bereits gelöst. Allerdings schließen sich z.B. folgende wichtige Fragen an, auf welche die Funktionalanalysis Antworten geben kann:
-
Welche Funktionenräume muss man betrachten, wenn man unstetige vertikale Kräfte zulassen möchte?
-
Wie sieht die Lösungsmenge des (ähnlich aussehenden) linearen speziellen Problems von Sturm-Liouville
|
(1.3) |
mit gegebenen Funktionen , aus? Hier ist also gegeben durch .
-
Gibt es Eigenfunktionen für die Probleme (1.2) und (1.3), d.h. Funktionen und mit ? Wie sieht die Menge der zugehörigen Eigenwerte aus?
-
Wie behandelt man eine mehrdimensionale Version des Problems (Eingespannte Membran im vertikalen Kraftfeld)?
Wir werden auf Probleme der Form (1.1) in systematischer Weise zurückkommen. Zuvor müssen wir aber grundlegende Eigenschaften von unendlich-dimensionalen normierten Räumen und stetigen linearen Abbildungen verstehen.
2 Normtopologien
2.1 Normierte Räume und Prähilberträume
Bezeichnungen: Stets seien oder und ein -Vektorraum.
2.1 Definition.
- (a)
-
Eine Abbildung heißt Halbnormauf , falls für alle und gilt:
- (N1)
-
(Homogenität)
- (N2)
-
(Dreiecksungleichung).
Es folgt dann: und damit , also
- (N3)
-
für alle (Positivität).
- (b)
-
Eine Halbnorm auf heißt Norm, falls zusätzlich für alle gilt:
- (N4)
-
(Definitheit).
In diesem Fall heißt das Paar normierter Raum.
2.2 Definition. Zwei Halbnormen auf heißen äquivalent, falls existieren mit
|
Wir schreiben dann: . Die Relation „“ definiert Äquivalenzrelationen auf der Menge der Halbnormen und auf der Menge der Normen auf .
2.3 Bemerkung und Beispiel.
- (a)
-
Alle Normen auf sind äquivalent.
- (b)
-
. Für und sei
|
Bekannt aus der Analysis II: ist eine Norm auf . Dabei gilt die Höldersche Ungleichung:
|
Hier heißt der zu konjugierte Exponent. Beachte: sind konjugiert g.d.w. gilt.
- (c)
-
Sei eine beliebige Menge, und sei der -Vektorraum der beschränkten Funktionen mit punktweisen linearen Operationen. Dann ist ein normierter -Vektorraum mit der Supremumsnorm definiert durch . Der Beweis der Normeigenschaften ist sehr einfach. Ist , so notiert man die Funktionswerte von als Folge, d.h. man schreibt mit . Dann ist . Kurzschreibweisen: statt und statt .
Wir wollen im Folgenden weitere unendlich-dimensionale normierte Räume durch ein allgemeines Prinzip konstruieren. Dieses Prinzip liefert auch einen (alternativen) Beweis der Halbnormeigenschaften von aus Bemerkung und Beispiel 2.3(b).
2.4 Definition.
- (a)
-
Eine Teilmenge heißt
-
konvex, wenn für alle , gilt: ;
-
symmetrisch, wenn gilt: für alle mit ;
-
absolut konvex, wenn konvex und symmetrisch ist;
-
absorbierend, wenn für jedes ein existiert mit .
- (b)
-
Eine auf einer konvexen Teilmenge definierte Funktion
heißt konvex, wenn für alle , , gilt. Ist absolut konvex, so heißt absolut konvex, wenn konvex und gerade ist. Dabei heißt gerade, wenn für alle und mit gilt.
2.5 Bemerkung und Beispiel.
- (a)
-
Ist eine Halbnorm auf und , so sind die Mengen und absolut konvex und absorbierend.
- (b)
-
ist absolut konvex genau dann, wenn für alle , mit gilt.
- (c)
-
Für und Zahlen (Gewichte) mit heißt Konvexkombinationder Elemente . Ist konvex, so liegt jede Konvexkombination von Elementen aus wieder in .
- (d)
-
Ist absolut konvex, so gilt für alle , und mit .
- (e)
-
Sei ein Intervall. Dann ist genau dann konvex, wenn monoton wachsend ist.
Die Beweise von (a)–(e) sind allesamt recht einfach.
2.6 Satz. Sei absolut konvex und absorbierend. Dann wird durch
|
eine Halbnorm auf definiert.
Beweis.Da absorbierend ist, erhält man für alle . Zur Homogenität: Für und gilt
Zur Dreiecksungleichung: Seien , und seien mit . Mit (also ) ist dann
|
aufgrund der Konvexität von , und somit folgt . Durch Infimumbildung in und folgt . □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-04-16 __________________________________
2.7 Definition und Satz. Für sei die Menge aller Folgen in mit . Dann ist ein normierter -Vektorraum (bzgl. komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation) mit der Norm definiert durch
|
Beweis.Offensichtlich ist die Nullfolge . Seien , und . Dann ist
|
und somit . Da die Funktion , gemäß Bemerkung und Beispiel 2.5(e) konvex ist, gilt ferner
und somit . Also ist ein -Vektorraum. Zudem ist
|
eine absorbierende Teilmenge von , denn für gilt . Aufgrund der Konvexität der Funktion ist auch absolut konvex, wie man leicht nachprüft. Somit definiert
eine Halbnorm auf gemäß Satz 2.6. Zum Beweis der Definitheit (N4) beachte man: für alle . □
2.8 Bemerkung.
- (a)
-
Analog definiert man für eine beliebige höchstens abzählbare Indexmenge anstelle von , z.B. . Kurzschreibweisen: statt und statt . Man beachte: Der Fall führt wieder zurück auf .
- (b)
-
Sind konjugierte Exponenten, so gilt die Höldersche Ungleichung
|
Im Fall , sieht man dies direkt:
|
Im Fall verwenden wir die Youngsche Ungleichung
|
(2.1) |
Diese Ungleichung beweist man leicht durch Minimierung der Funktion in für festes . Unter Verwendung von (2.1) folgt nun mit , :
2.9 Satz. Sei.
- (a)
-
Für gilt, , und für alle, aber und sind nicht äquivalent auf.
- (b)
-
für alle.
2.10 Definition.
- (a)
-
Eine Abbildung heißt hermitesche Formauf , falls gilt:
- (H1)
-
ist -linear für alle ;
- (H2)
-
für alle . Insbesondere folgt: für alle .
- (b)
-
Eine hermitesche Form heißt positiv, falls für alle gilt.
- (c)
-
Eine positive hermitesche Form heißt Skalarprodukt, wenn für alle die Implikation gilt. In diesem Fall schreiben wir oft statt . Das Paar heißt dann Prähilbertraum.
2.11 Bemerkung. Ist eine hermitesche Form auf , so gilt
|
Ist , so ist genau dann eine hermitesche Form, wenn es eine symmetrische Bilinearform ist.
2.12 Satz. Sei eine positive hermitesche Form auf. Dann gilt:
- (a)
-
für alle (Cauchy-Schwarz-Ungleichung)
- (b)
-
Durch ist eine Halbnorm auf definiert. Diese ist genau dann eine Norm, wenn ein Skalarprodukt ist.
2.13 Beispiel. Sei eine höchstens abzählbare Indexmenge. Dann ist ein Prähilbertraum mit Skalarprodukt definiert durch
|
Die Konvergenz der obigen Reihe folgt aus dem Majorantenkriterium, denn es gilt
|
und die Reihen und konvergieren.
2.2 Topologische Eigenschaften normierter Räume
Wir wiederholen zunächst die grundlegenden topologischen Begriffe in metrischen Räumen.
2.14 Definition. Sei eine Menge. Eine Metrikauf ist eine Abbildung , so dass für gilt:
- (M1)
-
,
- (M2)
-
,
- (M3)
-
.
Das Paar heißt metrischer Raum.
2.15 Definition und Bemerkung.
- (a)
-
Für , und setzen wir:
- (b)
-
heißt
-
abgeschlossen, falls ;
-
offen, falls ;
-
Umgebung von, falls ;
-
dicht in, falls ;
-
beschränkt, falls .
Es gilt:
-
, sind offen, sind abgeschlossen;
-
offen abgeschlossen;
-
sind offen und abgeschlossen;
-
ist offen, ist abgeschlossen;
-
ist abgeschlossen.
- (c)
-
Seien , ( beliebige Indexmenge). Dann gilt:
-
Sind alle , , offen, so auch und, falls endlich ist, auch .
-
Sind alle , abgeschlossen, so auch und, falls endlich ist, auch .
- (d)
-
Sei und eine Folge. Falls für , so nennen wir Grenzwert der Folge und schreiben bzw. für . Leicht zu sehen: Durch diese Eigenschaft ist eindeutig bestimmt.
- (e)
-
Ist ein -Vektorraum, so induziert jede Norm auf eine Metrik , gegeben durch für alle . Ist ein metrischer Raum und , so ist auch ein metrischer Raum. Insbesondere ist jede Teilmenge eines normierten Raumes ein metrischer Raum mit der durch die Norm induzierten Metrik.
- (f)
-
Die Eigenschaften „offen“ und „abgeschlossen“ hängen vom umgebenden metrischen Raum ab. Ist ein metrischer Raum und , so gilt für :
-
offen in es existiert , offen in , mit ;
-
abgeschlossen in es existiert , abgeschlossen in , mit .
- (g)
-
Sei ein -Vektorraum. Zwei äquivalente Normen und auf erzeugen die gleiche Topologie, d.h. das gleiche System offener Teilmengen. Für gilt also, dass genau dann offen bzgl. ist, wenn offen bzgl. ist. Gleichermaßen invariant bleiben die Eigenschaften „abgeschlossen“, „beschränkt“ und „dicht“, die Definitionen und und die Konvergenz von Folgen. Insbesondere sind diese Begriffe im Vektorraum , unabhängig von der Wahl einer Norm, wohldefiniert.
2.16 Definition. Der metrische Raum heißt separabel, falls eine abzählbare dichte Teilmenge besitzt. Hier und im Folgenden steht „abzählbar“ für „endlich oder abzählbar unendlich“.
2.17 Beispiel.
- (a)
-
ist separabel, denn
- (b)
-
ist separabel, denn ist eine abzählbare und dichte Teilmenge von .
2.18 Satz. separabel, separabel.
Beweis.Nach Voraussetzung existiert eine abzählbare Menge , welche in dicht liegt. Wir setzen
|
und wählen für jedes . Da abzählbar ist, ist auch die Menge
|
abzählbar. Ferner ist dicht in (Übung!). Es folgt, dass separabel ist. □
2.19 Definition. Sei ein normierter Raum. Eine Teilmenge heißt total, falls gilt. Hier und im Folgenden bezeichne „“ das Vektorraumerzeugnis von in , welches als der Unterraum aller Linearkombinationen von Elementen aus bzw. äquivalent als der Schnitt aller Unterräume von , welche enthalten, gegeben ist.
2.20 Satz. Sei ein normierter-Vektorraum. Dann ist genau dann separabel, wenn eine abzählbare totale Teilmenge enthält.
Beweis.„“: Sei separabel. Dann existiert eine abzählbare Teilmenge mit . Es folgt , also . Demnach ist total.
„“: Sei abzählbar und total. Wir setzen
|
wobei
|
sei. ist abzählbar, da und abzählbar sind.
Seien nun und gegeben. Da total ist, existieren und mit
|
(2.2) |
Sei . Da dicht in ist, existieren mit
|
Es folgt
|
Da beliebig gewählt war, folgt . Somit ist , und ist separabel. □
2.21 Definition und Bemerkung.
- (a)
-
Eine Folge heißt finit, falls für höchstens endlich viele gilt. Sei der -Vektorraum der finiten Folgen. Es gilt dann für alle . Eine Basis von ist gegeben durch die Einheitsvektoren , . Für ist dicht in (Übung), also total in . Es folgt mit Satz 2.20: ist für separabel.
- (b)
-
ist nicht separabel (Übung).
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-04-19 __________________________________
2.3 Stetige Abbildungen
Seien im Folgenden und metrische Räume.
2.22 Definition und Bemerkung. Seien eine Abbildung und .
- (a)
-
heißt stetigin , wenn für jede Folge in mit gilt. Dies ist bekanntermaßen äquivalent zu jeder der folgenden Eigenschaften:
- (b)
-
heißt stetig, wenn in jedem Punkt aus stetig ist. Dies ist äquivalent zu jeder der folgenden Eigenschaften:
-
Für jede in offene Teilmenge von ist offen in .
-
Für jede in abgeschlossene Teilmenge von ist abgeschlossen in .
-
Für alle gilt .
- (c)
-
Wir setzen
Ist speziell (mit oder ), so schreiben wir kurz anstelle von und anstelle von .
2.23 Bemerkung.
- (a)
-
Die Komposition stetiger Abbildungen ist stetig
- (b)
-
Sind stetig für und konvergiert die Funktionenfolge gleichmäßig gegen (d.h. für ), so ist auch stetig.
- (c)
-
Sind stetig und ist dicht in , so ist .
- (d)
-
Die Mengen und sind -Vektorräume. Genauer ist ein abgeschlossener Unterraum von bzgl. der Norm . Dies folgt aus (b), da die Konvergenz bzgl. genau der gleichmäßigen Konvergenz entspricht. Falls nicht explizit anders bemerkt, betrachten wir im Folgenden stets mit der Norm
2.24 Definition. Sei eine Abbildung
- (a)
-
heißt gleichmäßig stetig, falls für alle ein existiert, so dass für alle die Implikation gilt: .
- (b)
-
heißt Lipschitz- stetig, falls existiert mit
|
- (c)
-
heißt Isometrie, falls für alle .
- (d)
-
heißt Homöomorphismus, falls bijektiv ist und sowie stetig sind. Existiert solch ein , so heißen und homöomorph. Wir schreiben in diesem Fall .
2.25 Bemerkung.
- (a)
-
Für eine Abbildung gelten folgende Implikationen: Isometrie Lipschitz-stetig gleichmäßig stetig stetig.
- (b)
-
Es gelte . Dann ist die Abbildung , Lipschitz-stetig (mit Lipschitz-Konstante ).
Seien im Folgenden , normierte -Vektorräume.
2.26 Satz. Sei -linear.
- (a)
-
Äquivalent sind:
- (b)
-
Ist, so ist stetig.
Beweis. (a) bekannt und einfach.
(b) Man sieht direkt, dass eine Norm auf definiert ist durch . Nach Bemerkung und Beispiel 2.3(a) ist äquivalent zu , da endlichdimensional ist. Somit existiert mit
|
also insbesondere
|
2.27 Definition.
- (a)
-
Wir setzen
|
Man rechnet leicht nach, dass mit der Definition
|
ein normierter Raum ist.
- (b)
-
Der Vektorraum heißt topologischer Dualraumvon .
- (c)
-
Wir setzen (Raum der stetigen Endomorphismen von ).
- (d)
-
Eine bijektive -lineare Abbildung heißt topologischer Isomorphismus, falls und stetig sind. Existiert eine solche Abbildung , so heißen und topologisch isomorph. Wir setzen
|
und schreiben kurz anstelle von .
- (e)
-
Die Identität schreiben wir meist als , so wie in der Operatorentheorie üblich.
2.28 Bemerkung.
- (a)
-
Die Elemente von nennt man auch beschränkte lineare Operatoren, und nennt man die Operatornorm.
- (b)
-
Ist , so ist die kleinste nichtnegative Zahl mit der Eigenschaft
|
- (c)
-
Ist ein weiterer normierter Raum und sind und gegeben, so gilt
|
also
|
Insbesondere gilt für und .
2.29 Beispiel.
- (a)
-
Sei der -Vektorraum der finiten Folgen (siehe Definition und Bemerkung 2.21) versehen mit , d.h. für . Sei ferner definiert durch . Man sieht leicht, dass bijektiv ist. Da ferner für alle gilt, ist auch stetig. Allerdings ist nicht stetig, da
|
für alle gilt. Hier sei wie in Definition und Bemerkung 2.21 der -te Einheitsvektor in .
- (b)
-
Sei . Dann ist die identische Abbildung stetig (da für alle gilt), aber ist nicht stetig, da und auf nicht äquivalent sind.
- (c)
-
(Integraloperatoren) Seien kompakte Intervalle, und sei stetig. Wir schreiben , und definieren die lineare Abbildung durch
|
Offensichtlich ist wohldefiniert und linear. ist stetig, denn für alle und gilt
|
mit
|
(2.3) |
also für . Es folgt somit mit . Wir werden nun sehen, dass sogar gilt. Sei dazu ein Punkt, wo das Maximum in (2.3) angenommen wird. Für sei ferner
|
Da ist, unabhängig von , gilt
|
wobei das letzte Integral für nach dem Satz von der majorisierten Konvergenz gegen konvergiert. Also ist auch , und insgesamt folgt Gleichheit. Spezielles Beispiel: Sei der Lösungsoperator zum Problem (1.2) aus Kapitel 1, d.h. es gelte
|
mit der Greenfunktion
|
Dann ist
|
mit
Es folgt .
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-04-23 __________________________________
2.4 Vollständigkeit und Reihen
2.30 Definition.
- (a)
-
Eine Folge in heißt Cauchyfolge, wenn gilt.
- (b)
-
heißt vollständig, wenn jede Cauchyfolge in konvergiert.
- (c)
-
Ein vollständiger normierter Raum heißt Banachraum.
- (d)
-
Ein vollständiger Prähilbertraum heißt Hilbertraum.
In (c) und (d) bezieht sich die Vollständigkeit dabei auf die induzierte Metrik.
2.31 Bemerkung. Sei eine Folge.
- (a)
-
Ist konvergent, so ist eine Cauchyfolge.
- (b)
-
Ist eine Cauchyfolge, so ist in beschränkt, d.h. die Menge ist beschränkt.
- (c)
-
Ist eine Cauchyfolge und besitzt eine gegen konvergente Teilfolge, so konvergiert bereits die Folge selbst gegen .
- (d)
-
Ist eine Cauchyfolge, ein weiterer metrischer Raum und gleichmäßig stetig, so ist auch eine Cauchyfolge (in ).
2.32 Satz. Sei.
- (a)
-
Ist vollständig und abgeschlossen, so ist auch vollständig.
- (b)
-
Ist vollständig, so ist abgeschlossen in.
Beweis. (a) Sei eine Cauchyfolge in . Da vollständig ist, existiert , wobei nach Voraussetzung gilt. Also konvergiert in .
(b) Sei . Dann ist für eine Folge in . Nach Bemerkung 2.31(a) ist eine Cauchyfolge in , und damit konvergiert nach Voraussetzung in . Es folgt . Insgesamt folgt . □
2.33 Bemerkung. Sei ein weiterer metrischer Raum und eine Abbildung.
- (a)
-
Ist eine Isometrie, so ist neben auch gleichmäßig stetig, und aus Bemerkung 2.31(d) folgt:
|
Gilt dies, so ist abgeschlossen in nach Satz 2.32.
- (b)
-
Ist ein Homöomorphismus, so erhält nicht notwendigerweise die Vollständigkeit: Seien z.B. und , jeweils versehen mit der Betragsmetrik . Sei ferner der Homöomorphismus gegeben durch . Dann ist vollständig und nicht, da nicht abgeschlossen ist.
2.34 Bemerkungen und Beispiele.
- (a)
-
Sind , äquivalente Normen auf einem -Vektorraum , so gilt:
|
Allgemeiner gilt für zwei topologisch isomorphe -Vektorräume und :
|
- (b)
-
ist ein Banachraum (bzgl. jeder Norm). Ist ferner irgendein normierter Raum mit , so ist topologisch isomorph zu und damit ein Banachraum nach (a).
- (c)
-
Jeder endlich-dimensionale Unterraum eines normierten Raums ist abgeschlossen nach (b) und Satz 2.32.
- (d)
-
ist ein Banachraum für . Wir beweisen dies zunächst im Fall : Sei eine Cauchyfolge in , wobei wir notieren. Sei fest; für gilt dann
|
und somit ist die Folge eine Cauchyfolge. Da vollständig ist, existiert . Setze . Für alle gilt dann
|
Also ist und somit . Für alle gilt zudem
|
und somit . Nach Voraussetzung gilt zudem und somit in ; dies war zu zeigen. Der Beweis für ist ähnlich, nur einfacher. Es gilt sogar:
- (e)
-
Ist eine beliebige Menge, so ist ein Banachraum (Übung).
- (f)
-
Nach Bemerkung 2.23(d) ist der Unterraum abgeschlossen in und damit ein Banachraum nach (e) und Satz 2.32(a).
- (g)
-
ist ein Hilbertraum mit dem Skalarprodukt aus Beispiel 2.13.
2.35 Satz. Seien normierte Räume. Ist ein Banachraum, so ist auch ein Banachraum. Insbesondere ist der Dualraum eines normierten Raumes stets ein Banachraum.
Beweis.Sei eine Cauchyfolge in und für . Dann gilt . Für alle folgt
|
d.h. ist eine Cauchyfolge in . Aus der Voraussetzung folgt somit die Existenz von
|
Aus der Linearität der Abbildungen und der Stetigkeit der linearen Operationen in folgt direkt, dass auch die Zuordnung linear ist. Ferner ist stetig und daher
|
d.h. ist stetig. Man beachte dabei, dass wegen Bemerkung 2.31(b) beschränkt ist. Schließlich ist
d.h. für . Dies zeigt die Vollständigkeit von . □
2.36 Definition. Seien ein normierter Raum und eine Folge.
- (a)
-
Wenn existiert, so nennen wir die Reihe konvergentund setzen .
- (b)
-
Die Reihe heißt absolut konvergent, wenn ist.
2.37 Satz. Sei ein normierter Raum. Dann gilt: ist genau dann ein Banachraum, wenn jede absolut konvergente Reihe in auch konvergent ist.
Beweis.„“: Genau wie für bzw. („Cauchykriterium“), man muss nur alle Beträge durch Normen ersetzen.
„“: Sei eine Cauchyfolge. Dann existiert für alle ein mit
|
Wähle nun induktiv und für . Dann gilt
|
also insbesondere
|
dh. die Reihe konvergiert absolut. Nach Voraussetzung konvergiert sie damit auch, d.h. es existiert
|
Nach Bemerkung 2.31(d) konvergiert die Folge damit insgesamt gegen , was zu zeigen war. □
2.5 Kompaktheit
Im Folgenden sei ein metrischer Raum.
2.38 Definition und Bemerkung.
- (a)
-
heißt kompakt, falls gilt: Ist eine beliebige Indexmenge und sind , , offene Mengen mit , so existiert eine endliche Teilmenge mit . Mit anderen Worten: Jede offene Überdeckung von lässt sich auf eine endliche Teilüberdeckung reduzieren.
- (b)
-
heißt präkompakt, wenn für alle eine endliche Teilmenge existiert mit (hier könnte man äquivalent auch nehmen; überlegen!).
- (c)
-
heißt kompakt(bzw. präkompakt), wenn der metrische Teilraum kompakt (bzw. präkompakt) ist. Somit gilt:
-
ist kompakt genau dann, wenn für jedes Familie , offener Mengen mit eine endliche Teilmenge existiert mit .
-
ist präkompakt genau dann für jedes eine endliche Teilmenge existiert mit (wobei hier die Umgebung von in bezeichne).
- (d)
-
heißt relativ kompakt, wenn kompakt ist.
2.39 Satz(Cantor). Sei vollständig, und seien, , abgeschlossene, nichtleere Mengen mit für alle und. Dann ist nichtleer.
Beweis.Wähle für . Nach Voraussetzung ist dann
|
(2.4) |
Also folgt
|
d.h. ist eine Cauchyfolge in . Da vollständig ist, existiert . Wegen (2.4) ist für alle ; also . □
Nachbemerkung: Es gilt sogar , da ist.
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-04-26 __________________________________
2.40 Satz. Für einen metrischen Raum sind folgende Eigenschaften äquivalent.
- (i)
-
ist kompakt.
- (ii)
-
Jede Folge in besitzt eine in konvergente Teilfolge.
- (iii)
-
ist präkompakt und vollständig.
Beweis.„(i) (ii)“: Sei kompakt, und sei eine Folge in . Ohne Einschränkung sei eine unendliche Menge. Angenommen, kein ist Grenzwert einer Teilfolge von . Dann existiert für jedes ein so, dass endlich ist. Da kompakt ist, existieren mit . Es folgt: ist endlich. Widerspruch.
„(ii) (iii)“: Sei eine Cauchyfolge in . Diese besitzt nach Voraussetzung eine in konvergente Teilfolge. Nach Bemerkung 2.31(c) ist dann aber schon selbst konvergent. Demnach ist vollständig.
Wir zeigen nun die Präkompaktheit von . Sei dazu . Für einen Widerspruchsbeweis nehmen wir an, es gäbe keine endliche Menge mit . Wir wählen dann beliebig.
Diese Konstruktion definiert induktiv eine Folge in derart, dass
|
(2.5) |
gilt. Nach Voraussetzung muss aber eine konvergente Teilfolge besitzen. Diese ist dann eine Cauchyfolge, im Widerspruch zu (2.5). Es folgt die Präkompaktheit von .
„(iii) (i)“: Seien für offene Teilmengen mit
Da präkompakt ist, existiert für jedes eine endliche Menge mit
|
Sei nun angenommen, dass nicht von endlich vielen der Mengen überdeckt wird. Da endlich ist, existiert so, dass nicht von endlich vielen überdeckt wird. Da ferner endlich ist und gilt, existiert so, dass nicht von endlich vielen überdeckt wird. Induktiv findet man:
|
(2.7) |
Dies liefert eine Folge abgeschlossener Mengen mit und für alle . Da vollständig ist, folgt mit Satz 2.39, dass ein existiert. Ferner existiert mit . Da offen ist, existiert auch ein mit . Für ist und , also im Widerspruch zu (2.7). Der Widerspruch zeigt, dass eine endliche Teilmenge existiert mit . Es folgt die Kompaktheit von . □
2.41 Bemerkung.
- (a)
-
Ist kompakt und abgeschlossen, so ist kompakt.
- (b)
-
Ist kompakt, ein weiterer metrischer Raum und stetig, so ist auch kompakt, und ist gleichmäßig stetig.
- (c)
-
(Satz von Heine-Borel) Sei ein endlichdimensionaler normierter Raum und . Dann ist genau dann kompakt, wenn beschränkt und abgeschlossen ist.
Beweis.Bekannt aus der Analysis II. □
2.42 Bemerkung.
- (a)
-
Ist präkompakt, so ist offensichtlich beschränkt. Ferner ist dann auch separabel, denn für jedes existiert eine endliche Teilmenge mit . Somit ist die Menge abzählbar und dicht in .
- (b)
-
Für sind äquivalent:
-
ist präkompakt
-
Für jedes existiert eine präkompakte Menge mit .
-
Für jedes existieren endlich viele Teilmengen von mit und für .
-
ist präkompakt.
Beweis als Übung.
- (c)
-
Für gilt wegen Satz 2.32(a), Satz 2.40 und (b):
-
relativ kompakt kompakt präkompakt präkompakt;
-
vollständig und präkompakt vollständig und präkompakt kompakt relativ kompakt,
d.h. in einem vollständigen metrischen Raum sind Teilmengen genau dann präkompakt, wenn sie relativ kompakt sind.
2.43 Satz. Sei ein normierter Raum und. Dann gilt: ist präkompakt genau dann, wenn beschränkt ist und für jedes ein endlichdimensionaler Unterraum existiert mit.
Beweis.„“: Sei präkompakt. Wie bereits bemerkt, ist dann auch beschränkt. Sei ferner , und sei endlich mit . Setze . Dann ist und .
„“: Nach Voraussetzung ist . Sei , und sei ein endlichdimensionaler Unterraum mit . Setze . Nach Bemerkung 2.41(c) ist dann kompakt, also auch präkompakt. Ferner existiert für jedes ein mit , also insbesondere und somit . Also ist , und mit Bemerkung 2.42(b) folgt die Behauptung. □
2.44 Lemma(Rieszsches Lemma). Sei ein normierter Raum und ein echter abgeschlossener Unterraum. Seien ferner und gegeben. Dann existiert ein mit und.
Beweis.Da gilt, existiert . Es folgt . Ferner existiert mit . Seien nun und . Dann ist , und für alle gilt:
|
Es folgt . □
2.45 Satz. Für einen normierten Raum sind äquivalent:
- (i)
-
- (ii)
-
Jede abgeschlossene und beschränkte Teilmenge von ist kompakt
- (iii)
-
ist präkompakt.
Beweis.„(i) (ii)“: siehe Bemerkung 2.41(c).
„(ii) (iii)“: ist abgeschlossen und beschränkt, also kompakt nach Voraussetzung und damit auch präkompakt.
„(iii) (i)“: Nach Satz 2.43 existiert ein endlichdimensionaler (und damit nach Bemerkungen und Beispiele 2.34(c) abgeschlossener) Unterraum mit
|
(2.8) |
Ist , so existiert nach Lemma 2.44 zu und ein mit und , also im Widerspruch zu (2.8). Es folgt also ; somit ist endlichdimensional. □
3 Vollständigkeit
3.1 Der Satz von Baire
Sei stets ein metrischer Raum.
3.1 Satz(von Baire). Sei ein vollständiger metrischer Raum, und seien offene und dichte Teilmengen für. Dann ist auch dicht in.
Beweis.Es reicht, zu zeigen, dass für jede nichtleere offene Teilmenge von gilt. Sei also offen und nichtleer. Da offen und dicht ist, ist offen und nichtleer. Wähle und mit . Dann gilt:
|
(3.1) |
Konstruiere nun sukzessive Mengen , mit
|
(3.2) |
Sei dazu , und seien bereits konstruiert. Da offen in und offen und dicht ist, muss offen und nichtleer sein. Wähle und mit . Mit dieser Wahl von gilt (3.2). Anwendung von Satz 2.39 auf die Mengen liefert schließlich . Aus (3.1) und (3.2) folgt aber
|
Es folgt . □
3.2 Korollar. Sei vollständig, und sei abgeschlossen für. Ferner sei. Dann gilt:
- (a)
-
Ist für alle, so ist auch.
- (b)
-
Enthält eine offene Kugel mit, dann enthält mindestens eine der Mengen eine abgeschlossene Kugel der Form mit, .
Beweis. (a) Nach Voraussetzung ist offen und dicht für alle . Nach Satz 3.1 ist somit dicht in . Dies liefert .
(b) folgt direkt aus (a). □
3.3 Definition. Sei .
- (a)
-
heißt nirgends dicht(in ), wenn gilt.
- (b)
-
heißt mager(oder von erster Kategorie), falls sich als abzählbare Vereinigung nirgends dichter Mengen schreiben lässt.
3.4 Bemerkungen und Beispiele.
- (a)
-
Die Vereinigung abzählbar vieler magerer Mengen ist mager.
- (b)
-
Für ist äquivalent:
|
Gilt dies für alle , so ist jede abzählbare Teilmenge von mager. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein normierter Raum (mit induzierter Metrik) ist.
- (c)
-
Seien ein normierter Raum und ein Unterraum, welcher nicht dicht ist. Dann ist auch nirgends dicht, denn: nicht dicht bedeutet, dass existiert. Da ein Unterraum von ist (Übung), können wir dabei annehmen. Für alle und ist dann . Es folgt .
3.5 Satz. Seien vollständig und mager. Dann ist dicht in. Insbesondere ist nicht mager in sich, falls ist.
Beweis.Sei mit für alle . Nach Korollar 3.2 gilt dann für . Es folgt . □
3.6 Korollar. Sei ein unendlichdimensionaler Banachraum. Dann ist jede Basis von (im Sinne der linearen Algebra) überabzählbar.
3.7 Bemerkung. Wir werden bald sehen, dass der Satz von Baire wichtige Konsequenzen für die Struktur der Menge stetiger linearer Abbildungen hat (Satz von der gleichmäßigen Beschränktheit, Satz von der offenen Abbildung).
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-04-30 __________________________________
3.2 Gleichmäßige Beschränktheit
Stets seien normierte -Vektorräume
3.8 Hauptsatz(von der gleichmäßigen Beschränktheit). Sei ein Banachraum, und sei punktweise beschränkt, d.h.,
|
Dann ist beschränkt in, d.h. es existiert mit für alle.
Beweis.Für sei
|
Dann ist abgeschlossen in für alle , und nach Voraussetzung gilt . Da vollständig ist, existieren nach Korollar 3.2(b) ein , und mit , d.h.
|
(3.3) |
Sei nun und beliebig. Dann ist und . Es folgt
|
Insgesamt folgt . □
3.9 Korollar. Sei ein Banachraum, und sei eine Folge in.
- (a)
-
Gilt, so existiert derart, dass die Folge in nicht konvergiert.
- (b)
-
Existiert für alle, so ist beschränkt und es gilt mit
|
(3.4) |
- (c)
-
Falls auch ein Banachraum ist, und falls gilt, dass beschränkt ist und lediglich für alle in einer in dichten Teilmenge konvergiert, dann konvergiert für alle und (b) ist anwendbar.
Beweis. (a) Wenn für alle existiert, so ist die Menge punktweise beschränkt im Sinne von Hauptsatz 3.8. Dieser liefert dann ein mit für alle . Damit folgt (a).
(b) Für wie in (b) gilt
|
und (a) liefert . Somit ist (als offensichtlich lineare Abbildung) stetig und es folgt (3.4).
(c) Sei ein dichte Teilmenge von , so dass für alle konvergiert. Wir setzen und zeigen, dass für alle konvergiert. Dafür halten wir fest und betrachten eine Folge mit . Sei . Es existiert mit , und es existiert mit für alle . Dann folgt
für alle , das heißt, ist eine Cauchyfolge in und konvergiert demnach. □
3.10 Bemerkung(Satz von Banach-Steinhaus). Aus Korollar 3.9 folgt für Banachräume und und eine Folge die Äquivalenz der Aussagen
- (i)
-
konvergiert in für alle ;
- (ii)
-
ist beschränkt und konvergiert für alle in einer dichten Teilmenge von .
Ist eine dieser Aussagen erfüllt, dann definiert ein .
3.3 Der Satz von der offenen Abbildung
Stets seien normierte -Vektorräume
3.11 Definition und Bemerkung. Seien metrische Räume. Eine Abbildung heißt offen, falls für gilt:
|
Man beachte: Ist offen und bijektiv, so ist stetig (vgl. Definition und Bemerkung 2.22(b))
3.12 Hauptsatz(von der offenen Abbildung). Sei ein Banachraum, und sei derart, dass nicht mager in ist. Dann ist surjektiv und offen.
Bevor wir den Beweis bringen, betrachten wir erst einmal einige Folgerungen aus diesem zentralen Resultat.
3.13 Beispiel. Sei . Nach Satz 2.9 ist die Inklusion stetig. Da ein Banachraum und nicht surjektiv ist, folgt mit Hauptsatz 3.12, dass in mager ist.
3.14 Korollar. Seien Banachräume und. Dann gilt:
- (a)
-
Ist surjektiv, so ist offen.
- (b)
-
Ist bijektiv, so ist ein topologischer Isomorphismus.
3.15 Korollar. Seien Normen auf einem-Vektorraum derart, dass, Banachräume sind. Ferner möge existieren mit für alle. Dann sind und äquivalent.
Beweis.Nach Voraussetzung ist stetig, also ein topologischer Isomorphismus nach Korollar 3.14(b). Insbesondere ist stetig, d.h. es existiert mit für alle . Die Behauptung folgt. □
Für den Beweis von Hauptsatz 3.12 vereinbaren wir zunächst ein paar praktische Bezeichnungen.
3.16 Notation. Seien , und . Wir bezeichnen
3.17 Lemma. Seien, und . Dann gelten:
- (a)
-
und.
- (b)
-
und.
- (c)
-
Für einen Vektorraum und eine lineare Abbildung ist absolut konvex, falls absolut konvex ist.
- (d)
-
Wenn absolut konvex ist, dann ist auch absolut konvex.
Beweis von Hauptsatz 3.12. Zur Abkürzung verwenden wir hier für und die Notation für die abgeschlossene Kugel in , , und analoge Schreibweisen in .
Zuerst zeigen wir, dass existiert mit
|
(3.5) |
Für setzen wir . Weil
|
nicht mager ist, existiert mit . Lemma 3.17(a) liefert jetzt, dass auch
|
gilt und dass und existieren, so dass gilt. Wegen Lemma 3.17(c) und (d) ist absolut konvex. Daraus folgt . Für gilt also und somit wegen der Konvexität von :
|
Damit haben wir (3.5) gezeigt.
Im zweiten Schritt zeigen wir für aus (3.5), dass
|
(3.6) |
gilt. Sei gewählt. Dann zeigt (3.5), dass existiert, so dass gilt. Mit (3.5) erhalten wir wieder , so dass ist. Per Induktion konstruieren wir eine Folge , so dass gilt:
|
(3.7) |
Wir setzen nun . Dann folgt
|
Wegen (3.7) konvergiert absolut. Da vollständig ist, liefert Satz 2.37, dass gegen ein konvergiert. Unter Benutzung von (3.7) prüft man leicht, dass gilt. Damit ist (3.6) gezeigt. Es folgt sofort
|
d.h., ist surjektiv.
Im letzten Schritt nehmen wir an, dass offen ist. Für beliebiges existiert mit . Weil offen ist, existiert mit . Aus (3.6) folgt . Dann gilt , und ist daher eine Umgebung von , die in enthalten ist. Da beliebig war, ist offen. □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-03 __________________________________
3.4 Der Satz vom abgeschlossenen Graphen
Seien stets und normierte Räume über .
3.18 Definition und Bemerkung. Auf dem -Vektorraum sei die Norm definiert durch . Dann gilt:
|
3.19 Satz(vom abgeschlossenen Graphen). Seien Banachräume, und sei eine lineare Abbildung, deren Graph in abgeschlossen ist. Dann ist, also stetig.
Beweis.Nach Voraussetzung und Definition und Bemerkung 3.18 ist ein Banachraum und somit auch , da abgeschlossen ist. Sei definiert durch . Da für , ist . Ferner ist bijektiv mit für . Gemäß Korollar 3.14(b) ist nun ; also existiert mit
|
und somit für alle . Es folgt die Stetigkeit von . □
3.20 Bemerkung. Sei -linear. Offensichtlich sind dann folgende Eigenschaften äquivalent:
-
Der Graph von ist abgeschlossen.
-
Für jede Folge in , für die Grenzwerte
|
existieren, gilt .
-
Für jede Nullfolge in , für die der Grenzwert existiert, gilt .
3.21 Bemerkung. Seien Teilräume von mit . Aus der linearen Algebra ist bekannt, dass genau eine Projektion (d.h. linear und ) mit und existiert. Wir nennen die Projektion auf längs. Dann ist die Projektion auf längs .
3.22 Definition. Seien Teilräume von mit , und sei die Projektion auf längs .
- (a)
-
Offensichtlich ist genau dann stetig, wenn stetig ist. Gilt dies, so schreiben wir (topologische direkte Summe) und nennen ein topologisches Komplement von (bzw. umgekehrt). Insbesondere sind in diesem Fall und als Kerne stetiger linearer Operatoren abgeschlossen in .
- (b)
-
Ein Unterraum heißt stetig projiziert, falls es eine Projektion mit Bild gibt, d.h. falls ein topologisches Komplement in besitzt.
3.23 Beispiel.
- (a)
-
Sei , und für . Dann ist . Sei die Projektion mit und . Da gilt, ist , also . Es folgt .
- (b)
-
Sei nun der Raum der finiten Folgen mit Norm . Dann ist mit
|
wobei für sei. Sei die Projektion auf längs . Wie in (a) sieht man
|
also . Es folgt, dass nicht stetig ist.
3.24 Satz. Seien Teilräume von mit. Dann gilt:
- (a)
-
Ist endlichdimensional und in abgeschlossen, so ist.
- (b)
-
Ist ein Banachraum und sind und abgeschlossen in, so ist.
Beweis.Sei die Projektion mit Bild und Kern .
(a) Angenommen, ist nicht stetig. Dann existiert eine Folge mit für alle . Setze . Dann gilt für , aber für alle . Da , ist kompakt. Also existiert und eine Teilfolge mit . Somit ist
|
da abgeschlossen ist. Es folgt , im Widerspruch zu . Der Widerspruch zeigt die Stetigkeit von .
(b) Nach Satz 3.19 reicht es, zu zeigen, dass einen abgeschlossenen Graphen besitzt. Zum Beweis verwenden wir Bemerkung 3.20. Sei also eine Nullfolge in derart, dass existiert. Da in abgeschlossen ist, folgt . Da ferner in abgeschlossen ist, folgt . Somit ist , d.h. . Gemäß Bemerkung 3.20 folgt die Behauptung. □
4 Räume messbarer Funktionen
4.1 Präkompaktheit für Mengen stetiger Abbildungen
Seien stets metrische Räume und ein normierter Raum.
4.2 Definition. Eine Teilmenge heißt
- (a)
-
gleichgradig stetig in, wenn für jedes ein existiert mit für alle .
- (b)
-
gleichgradig stetig, wenn (a) für alle gilt.
Eine Folge in heißt gleichgradig stetig(in), wenn dies für die Menge gilt.
4.3 Bemerkung und Beispiel.
- (a)
-
Gleichgradige Stetigkeit vererbt sich auf Teilmengen von gleichgradig stetigen Mengen von Funktionen.
- (b)
-
Sei fest gewählt und
|
Dann ist gleichgradig stetig.
- (c)
-
Sei , und sei die Funktionenfolge in definiert durch für . Wie man leicht sieht, ist diese Folge gleichgradig stetig in jedem Punkt . Sie ist allerdings nicht gleichgradig stetig in : Für festes gilt nämlich
aber
|
Also existiert kein derart, dass für alle die Implikation
|
gilt.
4.4 Definition und Satz. Sei . Dann gilt:
- (a)
-
ist ein normierter Raum mit Norm definiert durch für .
- (b)
-
ist ein abgeschlossener Teilraum von .
- (c)
-
Ist kompakt, so ist .
- (d)
-
Es gelten folgende Äquivalenzen:
|
Beweis. (a)–(c) wie für . (d): leichte Übung. □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-07 __________________________________
4.5 Satz(von Arzelà und Ascoli). Ist kompakt, so ist eine Teilmenge genau dann präkompakt, wenn gleichgradig stetig ist und wenn für alle die Menge in präkompakt ist.
Beweis.„“: Sei . Da gleichgradig stetig ist, existiert zu jedem ein mit für alle . Da kompakt ist, existieren derart, dass
|
Da die Mengen , präkompakt sind, existiert eine endliche Menge mit . Definiert man für also
|
so folgt nach Konstruktion . Da es sich hier um eine endliche Vereinigung handelt, reicht es gemäß Bemerkung 2.42(b) nun, zu zeigen:
|
(4.1) |
Seien dazu , und sei beliebig. Dann ist für ein , und somit
|
Es folgt , und damit ist .
„“: Seien und . Nach Voraussetzung existiert eine endliche Teilmenge mit
|
(4.2) |
Da endlich ist, existiert zudem so, dass für alle gilt. Sei nun beliebig. Dann existiert mit , und somit gilt für :
Es folgt , und dies liefert die gleichgradige Stetigkeit von in . Nach Definition von liefert (4.2) aber auch direkt die Inklusion
|
also ist in präkompakt. □
4.6 Korollar. Seien kompakt und eine beschränkte und gleichgradig stetige Folge in . Dann hat eine gleichmäßig konvergente Teilfolge.
Beweis.Sei . Dann ist gleichgradig stetig und beschränkt und damit auch präkompakt für alle . Mit Satz 4.5 folgt, dass in präkompakt und somit auch relativ kompakt ist (nach Bemerkung 2.42(c), da vollständig ist). Also hat eine in konvergente Teilfolge. □
4.2 Der Satz von Stone-Weierstraß
Im Folgenden sei stets ein kompakter metrischer Raum.
4.7 Bemerkung. Im Folgenden wollen wir ein hinreichendes Kriterium dafür herleiten, dass eine Teilmenge im normierten Raum dicht liegt. Dabei nutzen wir die Tatsache, dass dieser Raum auch eine kommutative -Algebra mit Eins ist, d.h.:
-
ist abgeschlossen unter der (punktweisen) Multiplikation von Funktionen, und diese ist assoziativ, distributiv (bzgl. der Addition in ) und kommutativ.
-
Die konstante Einsfunktion ist ein Einselement für die Multiplikation.
-
Die Skalarmultiplikation verträgt sich mit der Multiplikation von Funktionen, d.h. es gilt für und .
Ein Unterraum heißt Teilalgebravon (mit ), wenn gilt:
4.8 Satz(von Stone-Weierstraß). Sei eine Teilalgebra von mit folgenden Eigenschaften.
- (i)
-
trennt die Punkte von, d.h. für je zwei Punkte mit existiert eine Funktion mit.
- (ii)
-
Im Fall ist abgeschlossen unter komplexer Konjugation, d.h. für ist auch.
Dann liegt dicht in.
Um dies zu beweisen, benötigen wir zunächst zwei Hilfssätze:
4.9 Hilfssatz(Spezialfall der binomischen Reihe). Für gilt
|
(4.3) |
mit
|
(4.4) |
und die Reihe konvergiert absolut.
Beweis.Die aus der Analysis bekannte binomische Reihenentwicklung zur Potenz liefert (4.3) zunächst für . Wir zeigen nun die Abschätzung
|
(4.5) |
Dies ist klar für . Für gilt zudem
|
Hier haben wir die Konvexität der Funktion , verwendet (diese liefert die Ungleichung für ). Per Induktion folgt also für :
|
Insbesondere konvergiert die Reihe in (4.3) für alle absolut, und mit dem Abelschen Grenzwertsatz folgt, dass Hilfssatz 4.9 auch für gilt. (Randbemerkung: Es gilt für .) □
4.10 Hilfssatz. Sei eine Teilalgebra von. Dann gilt:
- (a)
-
Der Abschluss von ist auch eine Teilalgebra von.
- (b)
-
Ist abgeschlossen in, so gilt:
- (i)
-
Ist mit, so ist auch.
- (ii)
-
Sind, so sind auch die Funktionen.
Beweis. (a) Wegen für ist die Multiplikation in stetig (überlegen!). Das liefert für (man approximiere und aus heraus!). Da ferner gilt, folgt die Behauptung.
(b)(i) Ohne Einschränkung sei (sonst normalisiere man ). Dann gilt und . Gemäß Hilfssatz 4.9 gilt
|
(4.6) |
mit den Binomialkoeffizienten aus (4.4). Da abgeschlossen ist und weil gilt für , reicht es, zu zeigen, dass die Reihe in (4.6) bzgl. der Norm von konvergiert; dann ist . Wegen für alle ist aber
|
gemäß Hilfssatz 4.9, d.h. die Reihe konvergiert absolut im Banachraum . Nach Satz 2.37 konvergiert sie dann auch.
(b)(ii) Wegen (b)(i) liegt mit auch und somit in . Mit sind also auch
|
Funktionen in . □
Beweis von Satz 4.8. Wir betrachten zunächst den Fall . Sei und gegeben. Es reicht, zu zeigen, dass existiert mit . Zur Konstruktion der Funktion betrachten wir zunächst beliebige mit . Nach Voraussetzung existiert eine Funktion mit . Mit dieser Wahl definieren wir nun durch
|
dann gilt und . Ferner definieren wir die konstante Funktion , für . Sei nun fest gewählt. Für betrachten wir dann die offene Umgebung
|
von . Aufgrund der Kompaktheit von existieren mit . Ferner liegt wegen Hilfssatz 4.10 die Funktion in . Dabei gilt und für alle . Daher ist eine offene Umgebung von . Wiederum aufgrund der Kompaktheit von existieren mit . Ferner ist auch , und es gilt
|
Es folgt , wie benötigt.
Wir betrachten schließlich den Fall . Für gilt dann: 1. Für ist auch , und somit folgt . 2. Für ist . Aus 1. und 2. folgt die Mengengleichheit
und diese impliziert insbesondere, dass die Punkte von trennt. Ferner ist eine Teilalgebra von , denn: Für mit ist
|
da nach 1. auch und somit in liegt. Ferner ist offensichtlich . Wie bereits gezeigt, liegt also dicht in , und somit liegt wegen (4.7) auch dicht in . □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-10 __________________________________
4.11 Korollar.
- (a)
-
Sei kompakt. Dann liegen die Polynomfunktionen in (mit Koeffizienten in) dicht in.
- (b)
-
Sei kompakt. Dann liegen die Polynomfunktionen in , mit komplexen Koeffizienten dicht in.
Beweis. (a) Offensichtlich bilden die genannten Funktionen eine Teilalgebra von , welche die Punkte von trennt, da zu je zwei verschiedenen Punkten eine affin lineare Funktion existiert mit (z.B. die Funktion , ). Also folgt die Behauptung aus den Satz von Stone-Weierstraß.
(b) Die Behauptung folgt wie (a) aus Satz 4.8, wenn man zusätzlich beachtet, dass die hier betrachteten Funktionen eine Teilalgebra bilden, welche auch unter der komplexen Konjugation abgeschlossen ist. □
4.12 Definition und Korollar. Sei der Vektorraum der stetigen -periodischen Funktionen . Dann liegt der Teilraum der trigonometrischen Polynome dicht in bzgl. . Dabei heißt eine Funktion trigonometrisches Polynom, wenn es und , , gibt mit für .
Beweis.Sei der Einheitskreis. Dann ist die Abbildung
|
ist ein isometrischer Isomorphismus (bzgl. ), welcher Polynome in und genau auf trigonometrische Polynome abbildet. Die Behauptung folgt also durch Anwendung von Korollar 4.11(b) auf . □
4.13 Korollar. Ist ein kompakter metrischer Raum, so ist separabel.
Beweis.Da separabel ist (siehe Bemerkung 2.42), existieren , derart, dass in dicht liegt. Für sei nun definiert durch . Sei ferner die kleinste Teilalgebra, welche die Funktionen , enthält. Als Vektorraum ist , wobei die Menge der endlichen Produkte mit und , ist (leeres Produkt ist die Einsfunktion). Offensichtlich ist abzählbar. Ferner trennt die Algebra die Punkte von : Sind nämlich mit , so existiert mit . Es folgt dann
|
Im Fall ist zudem abgeschlossen unter komplexer Konjugation, da die Funktionen , reellwertig sind. Also folgt mit dem Satz von Stone-Weierstraß, dass in dicht liegt. Somit ist eine abzählbare totale Teilmenge von , und damit ist separabel nach Satz 2.20. □
4.3 -Räume
Stets sei im Folgenden ein (reeller) Maßraum. Ferner verwenden wir die Vereinbarung für und setzen . Wir wiederholen zunächst zentrale Begriffe der Maß- und Integrationstheorie und Konvergenzsätze, welche größtenteils aus der Integrationstheorie bekannt sind.
4.14 Definition. Seien ein metrischer Raum und eine Funktion.
-
heißt -messbar (oder einfach messbar), wenn für jede offene Teilmenge die Menge -messbar ist.
-
Ist -messbar und nimmt nur endlich viele Werte an, so nennt man eine Stufenfunktion(auch Treppenfunktionoder Elementarfunktion).
Wir schreiben:
Im Fall ( oder ) schreiben wir auch bzw. . Im Fall gilt insbesondere
|
(4.8) |
Wir werden im Folgenden (nicht-endliche) Funktionen -messbarnennen, wenn sie die Bedingung auf der rechten Seite von (4.8) erfüllen. Auch für solche Funktionen schreiben wir dann bzw. .
4.15 Bemerkung. Für gilt , wobei wir hier und im Folgenden die Kurzschreibweise verwenden.
4.16 Definition und Bemerkung.
- (a)
-
Für eine -messbare Funktion gilt offenbar:
|
(4.9) |
Hier seien bzw. der Positiv- bzw. Negativteil von . Es gilt also u.a. und . Die Funktion heißt -integrierbar, falls die Bedingungen in (4.9) gelten. In diesem Fall setzt man
|
- (b)
-
Eine -messbare Funktion heißt -integrierbar, wenn und -integrierbar sind. In diesem Fall setzt man
|
- (c)
-
Die Menge der -integrierbaren -wertigen Funktionen bezeichnen wir mit oder .
4.17 Satz.
- (a)
-
Ist messbar, so existiert eine Folge in mit
|
und für alle.
- (b)
-
Ist, so existiert eine Folge in mit in für alle und für punktweise in.
4.18 Bemerkung. Ist mit -messbaren Teilmengen und für alle , so können die Folgen in Satz 4.17(a) und (b) derart gewählt werden, dass gilt:
|
Dies gilt insbesondere im Fall und (Lebesguemaß).
4.19 Satz(von der monotonen Konvergenz).
- (a)
-
Seien nichtnegative Funktionen mit f.ü. auf für alle, und sei f.ü. definiert durch. Dann gilt:.
- (b)
-
Seien -wertige Funktionen für mit f.ü. auf für alle, und sei f.ü. definiert durch. Dann gilt: Ist die Folge der Integrale beschränkt, so ist integrierbar und.
4.20 Lemma(von Fatou). Sei eine Folge-wertiger Funktionen.
- (a)
-
Ist und existiert mit f.ü. auf für alle, so ist integrierbar und.
- (b)
-
Ist und existiert mit f.ü. auf für alle, so ist integrierbar und.
4.21 Satz(von der majorisierten Konvergenz (Satz von Lebesgue)). Seien , derart, dass der punktweise Grenzwert punktweise f.ü. auf existiert. Ferner existiere eine-wertige Funktion derart, dass für alle die Ungleichung f.ü. auf gilt. Dann ist, und es gilt.
Jetzt kommen wir zur Definition der -Räume.
4.22 Definition und Bemerkung. Für eine -messbare Funktion sei
|
Man sieht leicht, dass stets f.ü. auf gilt.
4.23 Satz und Definition. Sei. Die Menge aller messbaren Funktionen mit
|
ist ein-Vektorraum, und durch
|
wird eine Halbnorm auf definiert.
Beweis.Die Vektorraumeigenschaften sieht man sehr ähnlich wie in Definition und Satz 2.7. Sei nun
|
Offensichtlich ist dann absolut konvex und absorbierend in , und gemäß Satz 2.6 definiert
|
eine Halbnorm auf . □
4.24 Satz(Höldersche Ungleichung). Seien konjugierte Exponenten, d.h. es gelte. Seien ferner und. Dann gilt
|
Beweis.Die Ungleichung ist klar im Fall . Sei also nun , also auch . Ohne Einschränkung können wir annehmen, denn andernfalls ist f.ü. in und die Ungleichung ist trivialerweise erfüllt. Mit der Youngschen Ungleichung (vgl. Bemerkung 2.8(b)) folgt dann mit , :
wie behauptet. □
4.25 Bemerkung(verallgemeinerte Höldersche Ungleichung). Seien mit für ein . Seien ferner , gegeben. Dann gilt
|
Dies folgt aus Satz 4.24 per Induktion (Übung).
4.26 Bemerkung und Beispiel. Sei .
- (a)
-
Ist , so ist auch für , wobei gilt:
|
Merkregel: .
- (b)
-
Ist , so ist und
|
- (c)
-
Ist das Lebesguemaß auf , so gilt
|
Beweis. (a) Nach Voraussetzung ist und . Ferner gilt
|
nach Voraussetzung. Gemäß Bemerkung 4.25 ist also , also
|
(b) Sei . Wir schreiben . Mit ist dann mit
|
Ferner ist , und somit folgt mit Bemerkung 4.25:
|
(c) Übung. □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-14 __________________________________
4.27 Definition und Satz(-Raum). Sei , und sei . Dann ist ein Unterraum, und der Faktorraum ist ein normierter Raum mit Norm gegeben durch
|
Beweis.Es ist klar, dass ein linearer Unterraum von ist. Die Integrationstheorie liefert für , dass genau dann gilt, wenn in liegt. Daraus folgt sofort, dass durch die Definition eine Norm gegeben ist. □
4.28 Bemerkung(u.a. zur Notation).
- (a)
-
Man schreibt anstelle von oder (Äquivalenzklasse von ) oft nur . Man betrachtet die Elemente von also als Funktionen, die nur bis auf Abänderung auf Nullmengen eindeutig definiert sind.
- (b)
-
Angenommen, ist ein metrischer Raum mit der Eigenschaft
|
(z.B. offen mit Lebesgue- Maß). Sind dann stetigeFunktionen mit f.ü. auf , so gilt auf ganz . Es folgt also, dass dann die Abbildung
|
injektiv ist.
4.29 Satz. Sei.
- (a)
-
ist ein Banachraum.
- (b)
-
Seien, gegeben mit für. Dann existiert eine Teilfolge, welche punktweise f.ü. auf gegen konvergiert.
Beweis. (a) Gemäß Satz 2.37 reicht es, zu zeigen, dass jede absolut konvergente Reihe in auch konvergiert. Seien also , gegeben mit
|
Wir betrachten im Folgenden die Hilfsfunktionen
|
Wir zeigen zunächst:
|
(4.10) |
Für festes und liefert die Dreiecksungleichung
|
Im Fall folgt dann aus dem Satz von der monotonen Konvergenz
|
und somit (4.10). Im Fall folgt ebenfalls
|
und somit wiederum (4.10). Hier haben wir verwendet, dass für alle gilt: f.ü. und dass die abzählbare Vereinigung von Nullmengen wieder eine Nullmenge ist. Aus (4.10) folgt insbesondere:
|
denn im Fall von gilt . Somit existiert für fast alle . Sei trivial (also durch ) auf ganz fortgesetzt; dann ist -messbar und auf . Gemäß (4.10) gilt also mit . Sei schließlich für . Dann gilt f. ü. in , und wegen (4.10) folgt
|
Somit konvergiert die Reihe bzgl. gegen .
(b) Wähle sukzessive mit und derart, dass für alle gilt:
|
Insbesondere konvergiert die Reihe absolut in . Wie im Beweis von (a) folgt daher, dass sie sowohl bzgl. als auch punktweise f.ü. auf gegen eine Funktion konvergiert. Nach Voraussetzung gilt aber auch
|
und somit folgt . Es gilt also
|
d.h. die Teilfolge hat die gewünschte Eigenschaft. □
4.30 Beispiel(wandernder Buckel). Der Übergang zu einer Teilfolge in Satz 4.29(b) ist i.A. notwendig. Um dies einzusehen, betrachten wir und , definiert durch
|
Hier seien die jeweils eindeutig bestimmten Zahlen mit und . Dann ist für alle und ; aber in keinem Punkt konvergiert die Folge gegen .
4.31 Definition und Satz. Auf ist ein Skalarprodukt definiert durch
|
(Im Fall erübrigt sich hierbei natürlich die komplexe Konjugation). Dabei ist die von induzierte Norm. Nach Satz 4.29 ist also ein Hilbertraum.
Beweis.Die Skalarprodukteigenschaften rechnet man problemlos nach. □
4.32 Satz. Sei, und sei. Dann existiert eine Folge mit in und für alle sowie.
Beweis.Nach Satz 4.17 existieren , , mit für alle und punktweise. Für festes existiert dabei mit auf der Menge , und somit folgt
|
Dies zeigt . Sei nun für . Dann konvergiert die Folge punktweise gegen , wobei
|
Mit dem Satz von Lebesgue (siehe Satz 4.21) folgt daher
|
und dies liefert . □
Bisher haben wir noch nicht geklärt, unter welchem Umständen die Räume separabel sind. Ist darüber hinaus ein metrischer Raum, so ist es in Anwendung oft sehr nützlich, zu wissen, inwieweit stetige Funktionen in dicht liegen. Diese Fragen wollen wir im Folgenden erörtern. Dazu ist der folgende Satz sehr nützlich; des Weiteren benötigen wir einige Sachverhalte über Borel- und Radonmaße.
4.33 Satz(von Egorov (und Severini)). Sei ein separabler metrischer Raum, und seien messbare Funktionen für, welche punktweise f.ü. gegen eine Funktion konvergieren. Ist, so existiert zu jedem eine messbare Teilmenge mit und derart, dass auf gleichmäßig gegen konvergiert.
Beweis.Sei , und für sei
|
Dann gilt für alle . Da ferner punktweise f.ü. gegen konvergiert und gilt, folgt
|
Somit existiert zu jedem ein mit . Sei nun
|
Für und gilt dann , also
|
Es folgt, dass die Folge auf gleichmäßig gegen konvergiert. Ferner gilt
|
Bemerkung: Die Separabilität von wird im obigen Beweis benötigt, um die Messbarkeit der Mengen sicherzustellen.
4.4 Approximation in durch stetige Funktionen
Wir benötigen zunächst einige ergänzende Begriffsbildungen zur Kompaktheit. Sei im Folgenden ein metrischer Raum.
4.34 Definition. Seien ein normierter Raum und eine Teilmenge mit . Mit bezeichnen wir die Menge der stetigen Funktionen derart, dass der Träger
|
kompakt ist. Im Fall ist diese Menge ein (i.A. nicht abgeschlossener!) Unterraum des normierten Raums . Kurzschreibweise: anstelle von .
4.35 Definition. heißt
- (a)
-
lokal kompakt, wenn jeder Punkt eine kompakte Umgebung besitzt.
- (b)
-
-kompakt, wenn kompakte Mengen , existieren mit .
4.36 Bemerkungen und Beispiele.
- (a)
-
Ist lokal kompakt und kompakt, so besitzt eine kompakte Umgebung. Ferner existiert in diesem Fall eine Funktion mit in einer offenen Umgebung von .
- (b)
-
Ist -kompakt, so ist separabel: Sind nämlich , kompakt mit , so sind die Mengen separabel nach Bemerkung 2.42 und somit auch (als abzählbare Vereinigung separabler Mengen).
- (c)
-
Ein normierter Raum ist lokal kompakt genau dann, wenn endlichdimensional ist (vgl. Satz 2.45).
- (d)
-
Jeder endlichdimensionale normierte Raum ist -kompakt.
- (e)
-
Der Raum der finiten -wertigen Folgen (versehen mit der Norm ) ist -kompakt, denn es ist , wobei die kompakte Teilmenge der Folgen mit und für sei. ist aber nicht lokal kompakt, da gilt.
4.37 Satz. Sei lokal kompakt und-kompakt. Dann gilt:
- (a)
-
Es existiert eine Folge kompakter Teilmengen , von derart, dass jede kompakte Menge in einer der Mengen enthalten ist.
- (b)
-
Der Raum ist separabel.
Beweis. (a) Seien , kompakt mit . Gemäß Bemerkungen und Beispiele 4.36(a) existiert für jedes eine kompakte Umgebung von . Setze für . Dann bilden die Mengen , eine offene Überdeckung von mit für . Für jede kompakte Teilmenge existiert somit ein mit , wie behauptet.
(b) Sei , wie in (a), und sei
|
Dabei ist also isometrisch isomorph zu einem Unterraum von vermöge der isometrischen Einbettung . Gemäß Korollar 4.13 ist dabei separabel bzgl. und wegen Satz 2.18 auch . Ferner ist wegen (a), und somit ist ebenfalls separabel. □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-17 __________________________________
4.39 Definition.
- (a)
-
Für ein Mengenteilsystem definiert man als den Schnitt aller -Algebren, welche enthalten. Man nennt dann die von erzeugte-Algebra.
- (b)
-
Ist das System aller offenen Teilmengen von , so nennt man die Borelalgebra von, und die Elemente von heißen Borelmengen.
- (c)
-
Ist ein Maß auf einer -Algebra auf mit , so nennt man ein Borelmaß auf. Vorsicht: In Teilen der Literatur wird bei einem Borelmaß noch zusätzlich die Eigenschaft verlangt, dass lokal endlich ist, d.h. das jeder Punkt in eine offene Umgebung besitzt mit (vgl. Definition 4.41(c)).
4.40 Beispiele(und Bemerkung zur Notation).
- (a)
-
Bekanntermaßen ist (nach Konstruktion, s. Vorlesung Integrationstheorie) das Lebesguemaß auf ein Borelmaß. Ferner ist z.B. das Diracmaß zu , gegeben durch
|
ein Borelmaß.
- (b)
-
Ist im Folgenden von einem Borelmaß auf die Rede, so betrachten wir stets auf einer gegebenen, zugehörigen -Algebra , deren Elemente wir im Folgenden -messbar nennen.
4.41 Definition. Sei ein Borelmaß auf .
- (a)
-
heißt von außen regulär, wenn für jede -messbare Teilmenge gilt:
|
- (b)
-
heißt von innen regulär, wenn für jede -messbare Teilmenge gilt:
|
- (c)
-
heißt lokal endlich, wenn jeder Punkt eine offene Umgebung besitzt mit .
- (d)
-
heißt Radon- Maß auf, wenn von innen regulär und lokal endlich ist.
Bemerkung: Ist lokal kompakt, so ist (c) offensichtlich äquivalent zur Eigenschaft
|
(4.11) |
4.42 Satz. Sei -kompakt, und sei ein von außen reguläres und lokal endliches Borelmaß auf . Dann gilt:
- (a)
-
ist auch von innen regulär und somit ein Radon-Maß.
- (b)
-
Für jede-messbare Teilmenge und jedes existieren eine offene Menge und eine abgeschlossene Menge mit und.
Beweis.Sei mit kompakten Teilmengen . Ohne Einschränkung können wir dabei für annehmen. Sei -messbar. Wir zeigen zunächst (b) für .
1. Behauptung: Zu jedem existiert offen mit und . Zum Beweis sei für . Dann ist und somit gemäß (4.11). Da von außen regulär ist, existieren nun offene Mengen mit und , somit also
|
Mit folgt und
|
wie behauptet. Anwendung der 1. Behauptung auf die -messbare Menge liefert nun auch offen mit und . Sei . Dann ist abgeschlossen in mit ; ferner gilt und daher
|
Somit ist (b) gezeigt.
Nun zu (a). Wir müssen zeigen:
|
(4.12) |
die umgekehrte Ungleichung ist offensichtlich. Für die oben definierten Mengen gilt für und , somit also
|
Sei nun . Anwendung von (b) liefert abgeschlossene Mengen , mit und , d.h . Ferner ist kompakt, da gilt. Es folgt
|
Da beliebig gewählt war, folgt die Behauptung. □
4.43 Beispiel. Bekannterweise ist das Lebesguemaß auf ein von außen reguläres und lokal endliches Borelmaß. Somit ist ein Radonmaß.
4.44 Hilfssatz. Sei lokal kompakt und ein lokal endliches Borelmaß auf. Dann existiert zu jeder kompakten Teilmenge und zu jedem eine kompakte Umgebung von mit.
Beweis.Übung. Man zeige zunächst, dass für ausreichend großes kompakt ist. □
4.45 Satz(von Lusin). Sei ein Radon-Maß auf. Sei ferner -messbar. Dann gilt:
- (a)
-
Ist -messbar mit, so existiert zu jedem eine kompakte Teilmenge mit und derart, dass stetig ist.
- (b)
-
Ist lokal kompakt und, so existiert zu jedem eine Funktion mit
|
Beweis. (a) Ohne Einschränkung sei in (sonst betrachte anstelle von ). 1. Spezialfall: ist eine Elementarfunktion, d.h. mit -messbaren disjunkten Teilmengen und , . Sei ferner . Wegen und der inneren Regularität von existieren dann kompakte Teilmengen mit für . Dabei gilt , da es sich um disjunkte kompakte Mengen handelt. Sei nun . Dann ist kompakt. Ferner ist lokal konstant und somit stetig auf . Schließlich ist die disjunkte Vereinigung der Mengen und somit
|
2. Allgemeiner Fall: Gemäß Satz 4.17 existiert eine Folge von Elementarfunktionen mit für alle und punktweise in für . Nach dem Spezialfall existieren ferner kompakte Teilmengen mit und derart, dass stetig ist. Ferner existiert gemäß Satz 4.33 eine -messbare Teilmenge mit und gleichmäßig auf für . Schließlich existiert aufgrund der inneren Regularität von eine kompakte Teilmenge mit , also
|
Sei nun . Dann ist kompakt und
|
In sind ferner alle Funktionen , stetig; ferner gilt gleichmäßig auf . Es folgt, dass stetig ist.
(b) Anwendung von (a) auf liefert eine kompakte Teilmenge mit und derart, dass stetig ist. Der Fortsetzungssatz von Tietze (aus der mengentheoretischen Topologie) besagt, dass sich zu einer stetigen Funktion fortsetzen lässt mit . Gemäß Hilfssatz 4.44 existiert ferner eine kompakte Umgebung von mit . Sei nun
|
und sei . Dann ist auf und auf . Nach Konstruktion ist also
|
und somit
|
Ferner ist
|
wie gewünscht. □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-21 __________________________________
4.46 Beispiel. Sei , versehen mit der Betragsmetrik. Das Lebesguemaß auf erfüllt dann die Voraussetzungen des Satzes von Lusin. Wir betrachten die Dirichletfunktion
|
geben uns vor und konstruieren eine kompakte Menge mit so, dass stetig ist: Sei eine Abzählung von und für . Sei ferner
|
Dann ist kompakt, auf (und somit dort stetig) sowie
|
4.47 Satz. Seien ein lokal kompakter metrischer Raum und ein Radon-Maß auf. Sei ferner. Dann gilt:
- (a)
-
ist dicht.
- (b)
-
Ist ferner-kompakt, so ist separabel.
Beweis. (a) Sei und gegeben. Nach Satz 4.32 existiert mit in , und . Ohne Einschränkung sei dabei , d.h. . Nach dem Satz von Lusin (Satz 4.45(b)) existiert nun mit und , also
|
Es folgt und somit .
(b) Gemäß Satz 4.37(a) existieren kompakte Mengen , mit und derart, dass jede kompakte Menge in einer der Mengen enthalten ist. Wie im Beweis von Satz 4.37(b) setzen wir
|
Gemäß Korollar 4.13 ist und somit auch separabel bzgl. . Daher existieren abzählbare und dichte Teilmengen für . Wir zeigen: Die abzählbare Menge liegt dicht in . Sei dazu und beliebig. Gemäß (a) existiert mit ; dabei ist für ein . Somit existiert mit . Dann ist
|
und somit . Es folgt . Also ist dicht in , wie behauptet. □
4.48 Bemerkung. Ist Lebesgue-messbar, so ist nach Satz 2.18 separabel, da man als eine Teilmenge des gemäß Satz 4.47 separablen Raums auffassen kann (vermöge trivialer Fortsetzung).
4.49 Satz. Ist Lebesgue-messbar mit, so ist (definiert bzgl. des Lebesgue-Maßes) nicht separabel.
Beweisskizze. Für sei . Mit dem Satz von Lebesgue (siehe Satz 4.21) sieht man, dass die monoton wachsende Funktion
|
stetig ist. Ferner ist und nach dem Satz von der monotonen Konvergenz (siehe Satz 4.19). Für existiert nach dem Zwischenwertsatz also ein mit . Betrachte nun die Menge
|
Für ist dann , also sowie ; somit also . Daher besteht aus überabzählbar vielen paarweise disjunkten offenen Teilmengen von . Es folgt, dass nicht separabel ist. □
4.50 Definition und Satz. Sei offen und
|
Dann liegt dicht in für , aber (offensichtlich) nicht dicht in . Hierbei sei das Lebesguemaß auf zugrunde gelegt.
Beweisskizze. Sei , . Nach Satz 4.47 existiert mit . Wir setzen trivial auf fort. Wir betrachten ferner den Glättungskern
|
wobei so gewählt sei, dass gilt. Für sei ferner
|
Dann ist und es gilt ebenfalls für . Nun definieren wir
|
für . Dann ist mit . Ferner gilt mit
|
die Abschätzung
|
Da gleichmäßig stetig ist, gilt . Es folgt bzgl. in und somit auch für , da für in der kompakten Menge enthalten ist (vgl. Bemerkung und Beispiel 4.26(b)). Die Einschränkung erfüllt also für genügend klein gewählt. □
5 Hilberträume
5.1 Orthogonalität
Stets sei ein Hilbertraum über mit Skalarprodukt und induzierter Norm .
5.1 Satz und Definition. Sei konvex, abgeschlossen und nichtleer. Dann existiert zu jedem genau ein mit. Wir setzen und nennen die(abstandsminimierende) Projektion auf .
Beweis.Zur Existenz: Sei und . Sei ferner eine Folge mit
|
(5.1) |
Für gilt aufgrund der Konvexität von , also
und somit wegen (5.1)
|
Es folgt, dass eine Cauchyfolge ist. Ferner ist als abgeschlossene Teilmenge des Hilbertraums nach Satz 2.32 vollständig, also existiert . Ferner gilt .
Zur Eindeutigkeit: Sei mit . Dann erfüllt die Folge Bedingung (5.1) und ist daher nach obigem Argument eine Cauchyfolge. Dies liefert . □
5.2 Satz. Sind und wie in Satz und Definition 5.1 und, so gilt:
- (a)
-
.
- (b)
-
Für alle, ist.
- (c)
-
für alle, insbesondere ist Lipschitz-stetig.
Beweis. (a) ist klar nach Definition.
(b) Für ist (da konvex), also
und somit
|
(c) Es ist wegen (b)
□
5.3 Bemerkung. Satz und Definition 5.1 und Satz 5.2 gelten auch, wenn ein Prähilbertraum und nichtleer, konvex und vollständig ist, insbesondere also dann, wenn die abgeschlossene, nichtleere und konvexe Teilmenge in einem endlichdimensionalen Teilraum des Prähilbertraums enthalten ist.
5.4 Beispiel. Sei Lebesgue-messbar, sowie . Man sieht leicht, dass eine nichtleere, abgeschlossene und konvexe Teilmenge von ist. Wir zeigen nun, dass die Projektion von auf gegeben ist durch für . Tatsächlich ist für alle , und für gilt
Also ist das zu abstandsminimierende Element in , d.h. gemäß Satz und Definition 5.1.
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-24 __________________________________
5.5 Definition und Satz. Für sei . Dann gilt:
- (a)
-
ist ein abgeschlossener Unterraum von
- (b)
-
Beweis. (a) folgt direkt aus der Linearität und Stetigkeit des Skalarprodukts in der ersten Komponente.
Zu (b): Offensichtlich gilt für Teilmengen die Inklusionsumkehrung . Wegen folgt also . Sei umgekehrt , und sei zunächst mit , gegeben. Dann ist
|
Ist schließlich und eine Folge in mit , so folgt . Somit ist , und insgesamt folgt . □
5.6 Satz und Definition. Sind Unterräume mit und für alle, , so gilt:
- (a)
-
für alle, („Satz des Pythagoras“).
- (b)
-
und. Insbesondere sind abgeschlossen in nach Definition und Satz 5.5(a).
- (c)
-
.
Wir schreiben dann, nennen diese Zerlegungorthogonal und die Räume und orthogonale Komplementärräume.
Beweis. (a) Für alle ist
|
(b) Nach Voraussetzung ist und . Sei nun . Da ist, existieren und mit , also
|
Es folgt . Dies zeigt . Genauso folgt .
(c) Es gilt , da für alle . Also gilt: . Da gemäß (b) in abgeschlossen sind, folgt nach Satz 3.24(b). □
5.7 Satz und Definition. Sei ein abgeschlossener Unterraum von. Dann gilt, und die (abstandsminimierende) Projektion auf aus Satz und Definition 5.1 erfüllt:
- (a)
-
, und Bild, Kern
- (b)
-
falls
Man nennt dieorthogonale Projektion auf .
Beweis.Wir zeigen zunächst: Für ist
|
(5.2) |
Nach Satz 5.2(b) gilt für alle , :
|
Durch Wahl von und folgt für alle . Ist , so folgt durch Wahl von auch
|
Insgesamt folgt für alle , und somit ist , wie behauptet. Aus (5.2) folgt nun für alle , also . Nach Satz und Definition 5.6 ist also . Sei nun die Projektion auf längs im Sinne von Definition 3.22. Dann gilt für alle :
Dies erzwingt , also für alle . Insbesondere ist , sowie und . Weiterhin ist für nach Satz 5.2(c) und für . Dies liefert , falls . □
5.8 Korollar. Für gelten:
- (a)
-
.
- (b)
-
total in .
5.9 Definition und Bemerkung. Für sei
|
Die Linearität von ist offensichtlich. Da ferner
|
ist in der Tat auch stetig mit
Es folgt, dass die Abbildung , eine Isometrie ist und damit insbesondere injektiv. Man beachte ferner: ist antilinear, d.h. es gilt
|
5.10 Satz(Rieszscher Darstellungssatz).
- (a)
-
Für alle existiert mit. Die Abbildung aus Definition und Bemerkung 5.9 ist also bijektiv.
- (b)
-
Die Operatornorm auf wird induziert von einem Skalarprodukt , gegeben durch
|
Insbesondere ist ein Hilbertraum.
Beweis. (a) Sei . Dann ist ein abgeschlossener Unterraum von . Nach Satz und Definition 5.7 ist also , und ist linear, injektiv, hat . Daher gilt , ist bijektiv und daher . Es existiert also mit . Setze . Dann gilt für alle mit :
Es folgt .
(b) Die Skalarprodukt-Eigenschaften von folgen direkt aus denen von . Ferner gilt für mit :
|
Somit induziert also die Operatornorm auf . □
5.2 Anwendung auf ein Neumann-Randwertproblem
Wir betrachten stets und . Gegeben seien Funktionen , , wobei sei. Wir suchen eine Lösung des Neumann-Randwertproblems
|
(NP)
|
Dazu benötigen wir einige Vorbereitungen.
5.11 Definition.
- (a)
-
Sei . Wir nennen eine schwache Ableitung von, wenn gilt:
|
(5.4) |
Dadurch ist eindeutig bestimmt, denn gilt (5.4) auch für , so ist
|
Da in dicht liegt, folgt . Wir schreiben anstelle von .
- (b)
-
Wir setzen
|
und versehen mit dem Skalarprodukt
|
Die induzierte Norm sei mit bezeichnet. gehört zu der Klasse der sogenannten Sobolevräume.
5.12 Bemerkung und Beispiel.
- (a)
-
Ist mit klassischer Ableitung , so ist auch die schwache Ableitung von . Dies folgt aus der gewöhnlichen Regel zur partiellen Integration. Dies gilt insbesondere dann, wenn ist.
- (b)
-
Sei definiert durch für ein . Dann ist mit schwacher Ableitung
|
In der Tat ist , denn wegen ist
|
Ferner ist im klassischen Sinne für , und es folgt für mit dem Satz von Lebesgue (Satz 4.21) wegen :
Dies zeigt im schwachen Sinne. Wir werden weiter unten in Satz 5.14 sehen, dass die oben definierte Funktion im Fall nicht mehr in liegt.
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-28 __________________________________
5.13 Satz. ist ein Hilbertraum.
Beweis.Die Skalarprodukteigenschaften sind klar. Sei eine Cauchyfolge in . Nach Definition des Skalarprodukts ist dann eine Cauchyfolge in und ist eine Cauchyfolge in . Somit gilt
|
Ferner gilt für alle :
|
Somit ist also mit , und
|
Dies zeigt die Vollständigkeit von . □
5.14 Satz. Sei. Dann gilt:
- (a)
-
Ist, so besitzt einen konstanten Repräsentanten.
- (b)
-
Die Funktion lässt sich (nach Wahl eines geeigneten Repräsentanten) zu einer stetigen Funktion auf fortsetzen, welche
|
(5.5) |
erfüllt.
- (c)
-
Es gilt für und.
Beweis.Zu (a): Sei mit fest gewählt. Sei ferner beliebig, und sei
|
Diese Funktion besitzt eine Stammfunktion gegeben durch
|
und somit gilt (nach Voraussetzung und Definition der schwachen Ableitung)
Da beliebig gewählt war, folgt bzgl. des -Skalarprodukts, also in aufgrund der Dichtheit von in . Somit gilt f.ü. in .
(b): Sei , und sei definiert durch . Für gilt dann
|
(5.6) |
Insbesondere ist gleichmäßig stetig und lässt sich somit zu einer stetigen Funktion auf fortsetzen, welche dann (5.6) sogar für erfüllt. Insbesondere ist . Wir zeigen nun, dass die schwache Ableitung besitzt. Sei dazu . Dann gilt mit dem Satz von Fubini
Dies zeigt im schwachen Sinne. Somit ist die Funktion gemäß (a) nach Übergang zu einem geeigneten Repräsentanten konstant, und dies liefert die Behauptung; insbesondere ist
|
Zu (c): Sei der stetige Repräsentant nach (b), also . Die erste Ungleichung folgt direkt aus (5.6). Ist zudem mit gewählt, so folgt mit (b):
|
wobei
|
gilt. Es folgt , wie behauptet. □
5.15 Bemerkung.
- (a)
-
Aus Satz 5.14(c) folgt, dass stetig in eingebettet ist. Wegen der Faktorisierung
|
mit stetigen Einbettungen, wobei hier den Raum der -Hölder-stetigen Funktionen auf bezeichne, gilt sogar, dass jede beschränkte Folge in eine in konvergente Teilfolge besitzt (Übung).
- (b)
-
Besitzt eine schwache Ableitung , so ist (nach Wahl eines geeigneten Repräsentanten). Dies folgt unmittelbar aus (5.5) und dem klassischen Hauptsatz der Integral- und Differentialrechnung.
5.16 Definition und Satz. Seien Funktionen , gegeben.
- (a)
-
Wir nennen eine schwache Lösung des Randwertproblems (NP), wenn
|
gilt, wobei
|
sei.
- (b)
-
Ist , so ist durch
ein Skalarprodukt definiert mit der Eigenschaft, dass die induzierte Norm äquivalent zur Norm ist. Insbesondere ist ebenfalls ein Hilbertraum.
Beweis von (b). Offensichtlich ist eine symmetrische Bilinearform auf , und für gilt
|
also
|
Somit ist ein Skalarprodukt derart, dass die induzierte Norm äquivalent zur Norm ist. □
5.17 Satz. Sind, mit gegeben, so besitzt das Randwertproblem (NP) genau eine schwache Lösung.
Beweis.Sei , versehen mit dem Skalarprodukt , und sei definiert durch . Die Stetigkeit von folgt aus der Abschätzung
|
Nach dem Rieszschen Darstellungssatz (Satz 5.10) existiert nun genau ein mit
|
Also ist die gesuchte eindeutige schwache Lösung von (NP). □
5.18 Bemerkung. Seien Funktionen , gegeben.
- (a)
-
Ist eine schwache Lösung von (NP), so folgt
|
(5.7) |
also insbesondere für . Somit ist
|
Insbesondere folgt mit Bemerkung 5.15(a) (nach Wahl eines geeigneten Repräsentanten) , und mit Bemerkung 5.15(b) folgt .
- (b)
-
Sind sogar , so folgt für die schwache Ableitung von , d.h. gemäß Bemerkung 5.15(b). In diesem Fall ist also , und die Differentialgleichung ist im klassischen Sinne in erfüllt. Aus (5.7) folgt dann durch partielle Integration für alle die Gleichung
|
und dies liefert die Neumann-Randbedingungen
|
(NR)
|
- (c)
-
Die Bedingungen (NR) sind auch ohne die Zusatzvoraussetzung erfüllt. Tatsächlich gilt (Übung): Ist und existiert mit
|
so ist , und für den Repräsentanten gilt .
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-05-31 __________________________________
5.3 Orthonormalsysteme und abstrakte Fourierreihen
Nun sei wieder ein beliebiger Hilbertraum.
5.19 Definition.
- (a)
-
Eine Menge heißt Orthonormalsystem(kurz: ONS) falls gilt:
|
- (b)
-
Ein totales Orthonormalsystem heißt Orthonormalbasis(kurz: ONB) oder Hilbertbasis. Man beachte, dass dies nicht bedeutet, dass eine Basis im Sinne der Linearen Algebra ist.
5.20 Satz. Seiein abzählbar unendliches ONS in. Dann gelten:
- (a)
-
Sind, derart, dass existiert, so gilt für alle.
- (b)
-
Ist gegeben, so konvergiert in.
Beweis. (a) Aus der Stetigkeit und Linearität des Skalarprodukts im ersten Argument folgt
|
(b) Sei . Dann gilt
|
für alle , . Da ferner ist, folgt
|
Also ist eine Cauchyfolge in und die Behauptung folgt. □
5.21 Satz. Sei ein endliches ONS, und die orthogonale Projektion auf. Dann gelten für alle:
- (a)
-
.
- (b)
-
.
Beweis. (a) Sei . Dann ist
|
für alle . Also gilt . Es folgt
|
da in liegt.
(b) Es ist
5.22 Definition. Für ein fest gewähltes, abzählbares ONS in und nennen wir
- (a)
-
den -ten Fourierkoeffizienten von (bzgl. ),
- (b)
-
die (abstrakte) Fourierreihe von (bzgl. ).
5.23 Satz. Seiein abzählbar unendliches ONS in. Sei ferner und die orthogonale Projektion auf. Dann gelten für alle:
- (a)
-
,
- (b)
-
,
- (c)
-
(Besselsche Ungleichung).
Beweis.Für sei die orthogonale Projektion auf . Dann gilt
|
Es folgt (c) und . Gemäß Satz 5.20(b) existiert somit (d.h. die Reihe konvergiert). Aus der Stetigkeit des Skalarprodukts folgt
|
also und somit . Dies liefert (a).
Zu (b):
|
Hier haben wir wieder die Stetigkeit des Skalarprodukts verwendet. □
5.24 Korollar. Sei ein abzählbar unendliches ONS in. Dann sind äquivalent:
- (i)
-
ist eine ONB.
- (ii)
-
Für alle gilt.
- (iii)
-
Für alle gilt.
- (iv)
-
Für alle gilt (Parsevalsche Gleichung).
Beweis.Sei und die orthogonale Projektion auf . Dann gilt:
|
Somit erhalten wir die Implikationen:
|
Gilt (iii), so folgt für alle :
|
also . Also ist und somit total, d.h. (i) gilt. □
5.25 Bemerkung. Ist ein abzählbar unendliches ONS und existiert eine totale Teilmenge mit
|
(5.8) |
so ist bereits eine ONB.
Beweis.Sei wieder . Wie im Beweisschritt (iii) auf (i) in Korollar 5.24 erhält man mit (5.8) die Implikation: . Somit gilt und damit . Es folgt, dass eine ONB ist. □
5.26 Satz. Äquivalent sind:
- (i)
-
ist unendlich-dimensional und separabel.
- (ii)
-
besitzt eine abzählbar unendliche ONB.
- (iii)
-
ist isometrisch isomorph zu.
Man beachte: Die Aussagen gelten insbesondere im Fall , wobei eine Lebesgue- messbare Menge mit sei (vgl. Bemerkung 4.48).
Beweis.Aus (ii) folgt (iii): Wir betrachten die lineare Abbildung , . Aus Korollar 5.24(iii) folgt
|
Die Surjektivität von folgt aus Satz 5.20(b). Somit ist ein isometrischer Isomorphismus.
Aus (iii) folgt (i), da separabel ist. Noch zu zeigen: (i) (ii). Sei dazu eine abzählbar unendliche totale Menge. Wir erzeugen hieraus eine ONB mittels des Gram-Schmidtschen Orthogonalisierungsverfahrens: Ohne Einschränkung gelte und für . Sei die orthogonale Projektion auf für . Wir setzen und
|
Nach Konstruktion ist ein ONS in . Per Induktion sieht man ferner: für alle . Es folgt
|
also ist total und somit eine ONB. Es folgt (ii). □
5.4 Klassische Fourierreihen
Im Folgenden betrachten wir den Hilbertraum (bezüglich des Lebesguemaßes) mit Skalarprodukt definiert durch
|
5.27 Definition und Satz. Für sei definiert durch . Dann ist eine ONB von . Die Fourierkoeffizienten von bzgl. sind dann gegeben durch
|
Beweis.Es ist
|
und
|
Es folgt, dass ein ONS in ist. Ferner ist total in , da die Menge der trigonometrischen Polynome dicht in liegt. Die letzte Aussage ist eine leichte Folgerung aus Definition und Korollar 4.12 und Satz 4.47 (Übung). □
5.28 Bemerkung. Aus Definition und Satz 5.27 folgt, dass für jedes die Fourierreihe bzgl. gegen konvergiert. Weiterhin gelten:
- (a)
-
Die Fourierreihe konvergiert punktweise f.ü. gegen (Satz von Carleson, 1966).
- (b)
-
Ist , so konvergiert die Fourierreihe in , also gleichmäßig. Es folgt dann, dass (nach Wahl eines geeigneten Repräsentanten) zu einem Element in fortgesetzt werden kann.
- (c)
-
Ist , so muss die Fourierreihe i.A. trotzdem nicht punktweise gegen konvergieren.
Beweis. (b) Weil die Folge in liegt, gilt für alle :
|
d.h. die Funktionenreihe konvergiert nach dem Majorantenkriterium absolut und gleichmäßig. Zudem liegen alle Funktionen in ; dies gilt also auch für . Wegen (a) ist dann ein Repräsentant von in .
Skizze des Beweises von (c): Sei , und sei im Folgenden . Wir zeigen, dass ein existiert derart, dass die Fourierreihe von in nicht gegen konvergiert. Wir verwenden den Satz von der gleichmäßigen Beschränktheit. Dazu definieren wir die Operatoren
|
mit wie in Definition und Satz 5.27. Dann gilt für alle :
|
mit dem -ten Dirichletkern
|
(5.9) |
Die letztere Darstellung des Kerns kann man dabei z.B. mit der geometrischen Summenformel herleiten (Übung). Wir betrachten nun die stetigen Linearformen
|
Ähnlich wie in Beispiel 2.29(c) sieht man, dass für die zugehörige Operatornorm dann
|
gilt (Übung). Allerdings gilt wegen (5.9) auch
|
(Übung). Somit ist die Folge der Linearformen , , nicht beschränkt. Nach Hauptsatz 3.8 ist sie damit auch nicht punktweise beschränkt, d.h. es existiert ein derart, dass die im Punkt ausgewerteten Partialsummen
|
der Fourierreihe von eine unbeschränkte Folge in bilden und somit nicht konvergieren. □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-06-04 __________________________________
5.5 Der Satz von Lax-Milgram mit Anwendungen
Stets sei ein Hilbertraum über .
5.29 Definition. Eine Abbildung heißt sesquilinear, falls gilt:
- (i)
-
ist linear für alle .
- (ii)
-
ist antilinear für alle , d.h. für alle , .
Wir setzen .
5.30 Satz und Definition. Zu sei definiert durch für alle. Dann gelten:
- (a)
-
für alle.
- (b)
-
Existiert mit für alle, so ist ein topologischer Isomorphismus.
Beweis. (a) für alle .
(b) Für alle ist , also
|
(5.10) |
Somit ist injektiv. Sei . Wir behaupten, dass abgeschlossen ist. Um das zu zeigen, seien und mit für . Dann gilt
|
Also ist eine Cauchyfolge, und somit existiert . Da stetig ist, gilt . Es folgt die Behauptung. Für gilt nun , also . Es folgt , d.h. ist surjektiv. Schließlich gilt wegen (5.10) für alle , d.h. und . □
5.31 Satz(von Lax-Milgram). Seien und mit
|
(5.11) |
gegeben. Dann gelten:
- (a)
-
Es existiert genau ein mit, d.h. mit für alle.
- (b)
-
Existiert ferner eine Konstante mit
|
(5.12) |
so ist ein topologischer Isomorphismus.
- (c)
-
Sind (5.11) und (5.12) erfüllt, so existiert zu jedem genau ein mit
|
(5.13) |
- (d)
-
Sind (5.11) und (5.12) erfüllt, so existiert zu jedem genau ein mit
|
Beweis. (a) Sei die antilineare isometrische Bijektion aus dem Rieszschen Darstellungssatz (Satz 5.10). Für sei ferner definiert durch . Dann ist linear und stetig mit , denn wegen (5.11) gilt für alle . Gilt für ein , so folgt
|
also notwendigerweise
|
(5.14) |
Insbesondere ist eindeutig bestimmt. Ist durch (5.14) definiert, so gilt für , :
Also ist ist linear. Ferner gilt
|
also .
(b) Dies folgt direkt aus (a) und Satz und Definition 5.30(b).
(c) Ist gemäß gewählt, so ist (5.13) äquivalent zu
|
(5.15) |
wobei gemäß (b) ein topologischer Isomorphismus ist. Also existiert genau ein , welches (5.15) erfüllt, und dieses ist gegeben durch .
(d) folgt aus (c) und dem Darstellungssatz von Riesz, Satz 5.10. □
5.32 Bemerkung. Der Vorteil der Aussage Satz 5.31(d) gegenüber dem Rieszschen Darstellungssatz (wo die betrachtete Sesquilinearform das Skalarprodukt ist) liegt darin, dass hier keine Symmetrie von verlangt wird.
5.33 Beispiel. Seien und . Gegeben seien Funktionen , , wobei und
|
(5.16) |
sei. Wir suchen eine Lösung des Neumann-Randwertproblems
|
(5.17) |
Ähnlich wie in Definition und Satz 5.16 nennen wir eine schwache Lösung von (5.17), wenn gilt:
|
Dabei ist eine Bilinearform (wegen also auch eine Sesquilinearform) mit
für alle . Umgekehrt haben wir
für mit wegen (5.16). Somit erfüllt die Bilinearform auf die Voraussetzungen des Satzes von Lax-Milgram. Ähnlich wie im Beweis von Satz 5.17 betrachten wir nun die Linearform
|
Nach Satz 5.31(d) existiert genau ein mit für alle , d.h. genau eine schwache Lösung von (5.17). Für diese schwache Lösung kann man analoge Regularitätsaussagen wie in Bemerkung 5.18 erhalten. Man beachte: Die hier definierte Bilinearform ist nicht symmetrisch; man kann die (eindeutige) Existenz schwacher Lösungen daher nicht allein aus dem Rieszschen Darstellungssatz folgern.
5.34 Bemerkung. Selbst das einfachere Problem
|
(5.18) |
(vgl. Abschnitt 5.2) ohne den Term erster Ordnung kann auf eine nicht symmetrische Bilinearform führen, wenn man eine komplexwertige Funktion betrachtet. Analog wie in Satz 5.17 kann man dann die Existenz genau einer schwachen Lösung aus dem Satz von Lax-Milgram folgern, wenn gilt. Hierzu betrachtet man und einen analog definierten komplexwertigen Sobolevraum .
5.35 Beispiel. Seien Funktionen mit auf . Wir zeigen, dass das Dirichletproblem
|
(5.19) |
eine Lösung besitzt. Man kann diese Gleichung ähnlich wie das Neumannsche Randwertproblem lösen, muss dann aber im Abschluss des Raumes in statt in (wie in Abschnitt 5.2) arbeiten, um die Randbedingungen zu erfüllen.
Wir beschreiten hier einen anderen Weg. Dazu setzen wir und schreiben das Problem in der Form
|
(5.20) |
mit dem Integraloperator
|
zur Greenfunktion
|
aus Kapitel 1. Da beschränkt ist, liegt in . Ferner definieren wir durch
|
Aufgrund der Beschränktheit der Funktionen und sieht man leicht, dass dann die Voraussetzung (5.11) aus Satz 5.31 erfüllt ist. Betrachtet man ferner und setzt , so ist eine Lösung von
|
(Übung) und somit folgt mit partieller Integration
|
also
|
mit
|
nach Voraussetzung. Da gemäß Satz 4.47 in dicht liegt, erhält man durch Approximation auch
|
Also erfüllt die Voraussetzungen (5.11) und (5.12) von Satz 5.31, und somit existiert gemäß Satz 5.31(c) zu genau ein mit
|
d.h.
|
Dies liefert , d.h. erfüllt (5.20). Aus Eigenschaften der Greenfunktion (Übung) erhält man dann, dass eine Lösung von (5.19) ist.
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-06-07 __________________________________
5.6 Der Adjungierte Operator
5.36 Satz und Definition. Zu jedem existiert genau ein mit für alle. Man nennt denzu adjungierten Operator.
Beweis.Definiere durch . Dann ist
|
also gilt (5.11) von Satz 5.31 mit . Somit existiert genau ein mit
|
5.37 Satz. Für alle gilt:
- (a)
-
- (b)
-
für.
- (c)
-
- (d)
-
Ist ein topologischer Isomorphismus, so auch; und dann gilt.
- (e)
-
- (f)
-
Beweis. (a)–(c): Leichte Übung, z.B. (c): Für alle ist , und mit Satz und Definition 5.36 (Eindeutigkeit) folgt .
Zu (d): Gemäß (c) ist und analog . Somit folgt die Behauptung.
Zu (e) und (f): Für alle ist
|
also
|
(5.21) |
Es folgt , und dann auch . Somit ist , und aus (5.21) folgt nun . □
5.38 Definition. heißt
-
normal, falls gilt.
-
hermiteschoder selbstadjungiert, falls gilt.
-
unitär, falls , also gilt.
5.39 Beispiel(Multiplikationsoperatoren). Seien (Lebesgue-)messbar, , und definiert durch für und . Wegen
|
ist tatsächlich stetig mit . Dabei gilt:
|
Also ist gegeben durch . Beachte: ist normal, denn für alle . Ferner gilt:
Randbemerkung: definiert ebenfalls einen stetigen Operator für , wobei auch dann gilt.
5.40 Beispiel(Integraloperatoren). Sei (Lebesgue-)messbar und . Sei ferner . Der Integraloperator zur Kernfunktion ist definiert durch
|
ist wohldefiniert, denn: Da ist, gilt nach dem Satz von Fubini:
-
für fast alle ;
-
ist integrierbar.
Aufgrund der Cauchy-Schwarz-Ungleichung ist somit für und fast alle wohldefiniert, und es gilt
|
Es folgt
|
also mit .
Es gilt dann: ist der Integraloperator zur Kernfunktion
|
denn für gilt nach Tonelli und Fubini:
5.41 Satz. Für alle gilt und.
Beweis.Für gilt
Damit folgt . Weiterhin gilt
|
5.42 Satz. ist eine orthogonale Projektion genau dann, wenn gilt.
Beweis.„“: Da gilt, ist eine Projektion. Ferner ist abgeschlossen, da stetig ist. Da schließlich ist, folgt aus Satz 5.41 . Somit ist eine orthogonale Projektion.
„“: Nach Satz und Definition 5.7 gilt , und für gilt Bild . Also gilt für alle :
|
Mit Satz und Definition 5.36 folgt . □
5.43 Bemerkung. Für ist genau dann unitär, wenn eine surjektive Isometrie ist.
Beweis.Es gilt
Bei der zweiten Äquivalenz haben wir die Polarisationsgleichungen
(Übung) verwendet. □
5.44 Bemerkung. Ist und , so ist bereits durch
|
(5.22) |
eindeutig festgelegt.
Beweis.Seien . Anwendung von (5.22) auf und liefert die Gleichung (Übung!). □
6 Konvexität
6.1 Der Satz von Hahn-Banach
Zur Motivation halten wir ein Ergebnis über die stetige Fortsetzbarkeit von auf dichten Teilmengen definierten Abbildungen fest:
6.1 Satz.
- (a)
-
Seien und metrische Räume. Ist vollständig, dicht und gleichmäßig stetig, so hat genau eine stetige Fortsetzung. Ist ferner eine Isometrie, so ist ebenfalls eine Isometrie.
- (b)
-
Seien und normierte Räume über, vollständig, ein dichter linearer Teilraum und gegeben. Dann existiert genau eine Fortsetzung von, d.h. es existiert genau ein mit. Dabei gilt.
Beweis. (a) Ist und eine Folge in mit für , so ist eine Cauchyfolge in , da gleichmäßig stetig ist. Da vollständig ist, existiert somit . Diese Definition ist auch unabhängig von der Wahl der Folge , wie ein Folgenmischverfahren zeigt. Ferner ist die so definierte Funktion offensichtlich die einzig stetige Funktion mit (da dicht liegt). Man sieht leicht, dass eine Isometrie ist, falls dies für gilt.
(b) Übung (man verwende (a)). □
Seien ein normierter Raum, ein Unterraum und eine stetige Linearform auf bzgl. . Ein Ziel dieses Kapitels ist es, die Existenz einer stetigen Fortsetzung von auf mit nachzuweisen. Unter den folgenden Zusatzvoraussetzungen können wir dies bereits:
- (1)
-
ist dicht. Dann existiert genau eine solche Fortsetzung gemäß Satz 6.1.
- (2)
-
ist ein Hilbertraum. Dann kann man mit Satz 6.1 zunächst auf fortsetzen und dann betrachten, wobei die orthogonale Projektion auf sei. Dann hat die gewünschten Eigenschaften.
Im Folgenden betrachten wir nun einen allgemeinen Rahmen für die skalarwertige Version dieses Problems, zunächst ohne die Stetigkeit zu berücksichtigen, aber stattdessen mit einer (absolut) konvexen dominierenden Funktion. Die Existenz einer dominierten Fortsetzung wird noch eine wichtige Rolle spielen. Speziell in normierten Räumen liefert sie stetige Fortsetzungen.
6.2 Satz(von Hahn-Banach, 1. Version). Seien ein-Vektorraum, ein linearer Teilraum, konvex und eine-lineare Abbildung mit für alle. Dann existiert eine-lineare Fortsetzung von mit für alle.
Beweis.1. Fall: für ein . Dann ist jede lineare Fortsetzung von auf durch bereits festgelegt, da dann
|
(6.1) |
Seien und , und sei . Dann ist und , also
und somit
|
Also existiert mit
|
Definiere nun durch (6.1) mit . Dann gilt
|
und für gilt dies nach Voraussetzung. Also hat die gewünschten Eigenschaften.
2. Allgemeiner Fall: Sei die Menge aller Paare , wobei ein Unterraum mit und eine lineare Abbildung ist mit
|
Dann ist eine Halbordnung auf auf definiert durch
|
Dabei besitzt jede Kette (d.h. totalgeordnete Teilmenge) eine obere Schranke gegeben durch mit
|
und definiert durch falls und . Aus der Ketteneigenschaft erhält man, dass ein Unterraum und eine wohldefinierte lineare Abbildung mit und für alle ist. Das Zornsche Lemma besagt nun, dass die Menge ein maximales Element bezüglich der Halbordnung besitzt. Dabei muss sein, denn sonst könnte man wählen und entsprechend dem ersten Fall unter Erhalt der Abschätzung auf fortsetzen, was der Maximalität von widerspräche. Es folgt, dass die gewünschten Eigenschaften hat. □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-06-11 __________________________________
6.3 Satz(von Hahn-Banach, 2. Version). Seien ein-Vektorraum, ein linearer Teilraum, absolut konvex und eine-lineare Abbildung mit für alle. Dann existiert eine-lineare Fortsetzung von mit für alle.
Beweis.Für folgt dies aus Satz 6.2: Hat man nämlich eine -lineare Fortsetzung gefunden mit für alle , so gilt auch
|
und damit . Sei daher im Folgenden angenommen. Wir betrachten . Dann ist -linear und es gilt:
|
Ferner gilt für alle , und nach Satz 6.2 besitzt eine -lineare Fortsetzung mit für alle . Sei nun definiert durch . Dann ist eine -lineare Fortsetzung von . Ferner gilt , d.h. ist sogar -linear. Schließlich existiert für jedes ein , mit und somit
|
Damit ist alles gezeigt. □
Sei im Folgenden ein normierter -Vektorraum.
6.4 Satz(von Hahn-Banach, 3. Version). Sind ein linearer Teilraum von und gegeben, so existiert eine Fortsetzung von auf mit.
Beweis.Sei definiert durch . Dann ist absolut konvex und auf . Nach Satz 6.3 existiert eine -lineare Fortsetzung von mit für alle , also und . Da ferner gilt, folgt . □
Bemerkung: Ist separabel, so kann man Satz 6.4 auch ohne Verwendung des Zornschen Lemmas beweisen.
6.5 Korollar. Zu existiert ein mit und.
Beweis.Seien und definiert durch für . Nach Satz 6.4 existiert mit und . □
6.2 Dualität
Sei wieder ein normierter Raum.
6.6 Definition. Wir setzen und definieren die Abbildung durch
|
6.7 Satz. ist eine lineare Isometrie.
Beweis.Die Linearität von ist einfach zu sehen. Ferner gilt für und :
|
Sei nun . Nach Korollar 6.5 existiert mit und , also . Es folgt , und insgesamt folgt Gleichheit. Also ist eine Isometrie. □
6.8 Korollar. Jeder normierte Raum ist isometrisch und dicht in einem Banachraum eingebettet, welcher bis auf isometrische Isomorphie eindeutig bestimmt ist. Man nennt dieVervollständigung von .
Beweis.Wähle . Da ein Banachraum ist, ist dies auch. Ferner ist eine Isometrie und dicht in , wie gewünscht. Die Eindeutigkeit von bis auf Isomorphie folgt mit einem einfachen Folgenargument aus der Voraussetzung, dass die Einbettungen lineare Isometrien sind. □
Im Folgenden sei stets ein weiterer normierter -Vektorraum.
6.9 Definition und Satz. Für ist der duale Operator wohldefiniert durch
|
Ferner sei
Beweis der Wohldefiniertheit und Stetigkeit von. Für und ist
|
also mit . Da offensichtlich linear ist, folgt mit . □
6.10 Satz. Für gilt
- (a)
-
- (b)
-
Das Diagramm kommutiert, d.h. es gilt.
Beweis.Zuerst zu (b): Für und gilt
|
also . Dies zeigt (b).
Nun zu (a): Der Beweis von Definition und Satz 6.9 zeigt direkt: . Da und Isometrien sind, ist andererseits
|
Es folgt: . □
6.11 Satz. Sei.
- (a)
-
Ist ein weiterer normierter-Vektorraum und, so gilt.
- (b)
-
Ist ein topologischer Isomorphismus, so auch, und es gilt.
Beweis. (a) Für und ist
|
also für und somit . (b) folgt direkt aus (a). □
6.12 Definition. Für und sei
6.13 Bemerkung.
- (a)
-
Die Notation in Definition 6.12 kann für Teilmengen von doppeldeutig sein: Es muss aus dem Zusammenhang klar werden, ob man das duale Paar oder das duale Paar betrachtet. Falls nicht extra erwähnt, meinen wir hier immer das Paar .
- (b)
-
Ist ein Hilbertraum und identifiziert man mit mittels des Rieszschen Darstellungssatzes, d.h. vermöge der Abbildung , so stimmt die obige Definition der „Orthogonalkomplemente“ mit der in Kapitel 5 überein.
6.14 Satz. Für gilt:
- (a)
-
ist ein abgeschlossener Unterraum von.
- (b)
-
.
Für gelten analoge Aussagen.
6.15 Satz.
- (a)
-
Für gilt.
- (b)
-
Für gilt.
- (c)
-
Ist, so gilt und.
6.16 Bemerkung. In (b) gilt im Allgemeinen keine Gleichheit, siehe Beispiele 6.17(d). Wählt man in (c) insbesondere und , so erhält man und .
Beweis von Satz 6.15. (a) „“: Wegen Satz 6.14 ist ; für und gilt also . Es folgt . „“: Sei . Dann ist die Projektion mit stetig nach Satz 3.24(a). Sei nun definiert durch , wobei die lineare Abbildung definiert sei durch . Nach Satz 6.4 existiert eine Fortsetzung von , d.h. insbesondere ist und . Also ist und .
(b) Wegen Satz 6.14 ist ; für und gilt also . Es folgt .
(c) Es gilt
|
Ist ferner , d.h. , so gilt für alle , also . Ist anderseits , d.h. , so existiert nach Korollar 6.5 ein mit , also . □
6.17 Beispiele.
- (a)
-
Seien ein Unterraum und die Inklusion. Dann ist die Restriktion, definiert durch für , da gilt:
|
Dabei ist surjektiv nach Satz 6.4. Ferner gilt
|
- (b)
-
Sei . Für ist dann eine stetige Linearform definiert durch
|
Wir zeigen, dass die Abbildung
|
ein isometrische Isomorphismus ist: Sei dazu zunächst . Wegen für ist dann . Für beliebiges und gilt
|
Somit folgt und insgesamt . Es bleibt noch die Surjektivität der Abbildung zu zeigen. Sei dazu beliebig und für . Wie oben folgt dann
|
und somit für . Also ist , und für gilt
|
d.h. .
- (c)
-
Die Abbildung aus (b) definiert im Fall auch einen isometrischen Isomorphismus (Übung). Hier ist wie üblich der konjugierte Exponent zu . Im Fall ist die Abbildung
|
zwar immer noch eine Isometrie, aber nicht mehr surjektiv (Übung).
- (d)
-
Wir zeigen, dass für im Allgemeinen nicht gilt. Sei dazu und der isometrische Isomorphismus aus (b). Sei ferner
|
Für gilt dann
|
also . Somit ist , also . Andererseits ist
|
wobei wie bisher den Raum der finiten Folgen bezeichne. Dies liefert wegen (b) dann
|
Somit folgt .
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-06-14 __________________________________
6.3 Trennungssätze
Sei wieder ein normierter Raum.
6.18 Definition und Satz. Sei konvex mit , und sei die Eichfunktion, definiert durch
|
Dann ist sublinear, d.h. für und gilt
|
Insbesondere ist also konvex, wie man leicht sieht.
Beweis.Komplett analog zum Beweis von Satz 2.6. □
6.19 Satz(Trennungssatz von Mazur). Sei konvex und offen, und sei ein Unterraum. Sei ferner mit gegeben. Dann existieren und mit
|
(6.2) |
Beweis.Zuerst beweisen wir den Fall .
1. Fall: . Dann ist und somit . Setze und definiere die lineare Abbildung durch für , . Für und gilt nun , also und somit (da in liegt und konvex ist)
|
Es folgt
|
Dies gilt offensichtlich auch für , und somit ist auf ganz . Nach Satz 6.2 und Definition und Satz 6.18 existiert also eine lineare Fortsetzung mit auf . Insbesondere ist dann auf und auf nach Definition von , da offen ist. Ferner ist stetig, denn nach Voraussetzung existiert mit , und somit ist
|
Aufgrund der Linearität folgt dann auf und somit ; und dies liefert die Stetigkeit von . Insgesamt folgt also die Behauptung für mit .
2. Fall: . Wähle dann und betrachte sowie . Der erste Fall liefert dann mit und . Mit folgt also
|
wie gewünscht.
Falls gilt, dann ist auch ein -Vektorraum, und ist ein reell-linearer Teilraum von . Mit dem Ergebnis von oben erhalten wir und ein stetiges reell lineares Funktional , so dass (6.2) erfüllt ist. Wir erhalten das gesuchte , indem wir für setzen: ; siehe auch den Beweis von Satz 6.3. □
6.20 Korollar. Seien nichtleer und konvex mit.
- (a)
-
Ist offen, so existieren und mit
|
Ist zusätzlich offen, so ist die zweite Ungleichung ebenfalls strikt.
- (b)
-
Ist kompakt und abgeschlossen, so existieren und mit
|
Beweis. (a) Wir setzen . Dann ist offen, konvex und , da gilt. Anwendung von Satz 6.19 auf , und liefert mit
|
also
|
Für alle ist somit . Da offen ist, folgt (Übung, dieser Beweisschritt wird später ergänzt). Ist ebenfalls offen, so folgt genauso auch für alle .
(b) Nach Voraussetzung existiert mit
Anwendung von (a) auf die konvexen Mengen und liefert mit
|
da kompakt ist, folgt die Behauptung. □
6.21 Bemerkung. Auf die Voraussetzung der Offenheit kann man in Korollar 6.20 im Allgemeinen nicht verzichten (Übung).
6.4 Schwache Konvergenz und schwach-Konvergenz
Seien im Folgenden stets normierte Räume über .
6.22 Definition. Eine Folge heißt schwach konvergent gegen, wenn gilt:
|
Wir schreiben dann und .
6.23 Bemerkungen und Beispiele.
- (a)
-
Der schwache Grenzwert einer schwach konvergenten Folge ist eindeutig bestimmt, denn gilt auch , so folgt
|
und somit gemäß Korollar 6.5.
- (b)
-
Konvergenz in impliziert schwache Konvergenz.
- (c)
-
Die schwach konvergenten Folgen bilden einen Unterraum des -Vektorraums aller Folgen in , und die schwache Grenzwertbildung ist -linear.
- (d)
-
Seien zueinander konjugierte Exponenten. Nach Beispiele 6.17(c) gilt dann . Es folgt mit dem dort definierten isometrischen Isomorphismus , :
|
also in .
- (e)
-
Ist eine Folge mit in so folgt (Für einen Beweis siehe Schröder, Funktionalanalysis) .
- (f)
-
Sei ein Hilbertraum. Dann ist isometrisch (antilinear) isomorph zu vermöge der Abbildung . Somit gilt für eine Folge und :
|
(6.3) |
Ist ein Orthonormalsystem in , so gilt , denn für alle bilden die Fourierkoeffizienten gemäß der Besselschen Ungleichung (Satz 5.23) eine Folge in , also eine Nullfolge.
- (g)
-
Sei (bzgl. des Lebesgue-Maßes), sei gegeben und sei definiert durch . Dann gilt für alle , und somit für . Behauptung: für . Zum Beweis verwenden wir (6.3). Sei dazu beliebig. Dann ist
|
(6.4) |
Weil in dicht liegt, existieren zu beliebigem Funktionen mit und , also auch für , definiert durch , . Ferner gibt es , so dass für alle gilt: , wegen (6.4) und weil für große und disjunkt sind. Somit folgt für :
Die Behauptung folgt.
6.24 Satz. Sei eine Folge und. Dann gilt:
- (a)
-
ist beschränkt in.
- (b)
-
Ist beschränkt und eine totale Menge mit
|
so gilt.
Beweis. (a) Sei der isometrische Homomorphismus aus Definition 6.6. Dann ist für jedes die Menge beschränkt. Weil ein Banachraum ist ist, folgt aus dem Satz von der gleichmäßigen Beschränktheit (Hauptsatz 3.8), dass die Menge in und somit auch die Menge in beschränkt ist, da eine Isometrie ist.
(b) Offensichtlich gilt
|
Weil sowohl als auch Banachräume sind und in beschränkt ist, liefert uns Korollar 3.9(c) ein , so dass punktweise auf ganz gilt. Wegen
|
weil dicht in liegt und weil und auf stetig sind, folgt und somit die Behauptung. □
6.25 Satz. Sei abgeschlossen und konvex, und sei eine Folge in mit. Dann ist.
Beweis.Wäre , so würden nach Korollar 6.20(b) ein und existieren mit , also
|
ein Widerspruch. □
6.26 Korollar. Sei eine Folge mit. Dann gilt.
Beweis.Sei . Nach Übergang zu einer Teilfolge können wir annehmen, dass gilt. Wir geben nun zwei alternative Argumente zum Abschluss des Beweises: 1. Seien und . Dann ist abgeschlossen und konvex, und es existiert mit für . Mit Satz 6.25 folgt , also . Es folgt , da beliebig gewählt war. 2. Für alle gilt
|
also . Da eine Isometrie ist, folgt . □
6.27 Satz. Sei eine Folge mit.
- (a)
-
Ist präkompakt, so ist die Konvergenz gleichmäßig in, d.h.
|
- (b)
-
Ist eine Folge mit, so folgt.
Beweis. (a) Sei für , dann gilt . Sei ferner . Wegen Satz 6.24 ist . Da präkompakt ist, existieren mit . Ferner existiert mit für und . Zu beliebigen existiert nun mit . Für ist also
|
und somit .
(b) Nach Voraussetzung ist relativ kompakt, also präkompakt. Ferner gilt
|
also
|
6.28 Bemerkung. Sei . Dann ist auch „schwach folgenstetig“: Ist eine Folge mit , dann gilt in . Für alle haben wir nämlich mit :
|
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-06-18 __________________________________
6.29 Definition. Eine Folge heißt schwach-konvergent gegen, wenn sie auf punktweise gegen konvergiert, d.h. wenn gilt:
|
Wir schreiben dann und .
6.30 Bemerkung und Beispiel.
- (a)
-
Vermöge der Abbildung aus Beispiele 6.17 können wir mit identifizieren. Sei für definiert durch für und für . Dann gilt , denn
|
Allerdings gilt in (Übung).
- (b)
-
Satz 6.25 gilt i.A. nicht für die schwach-Konvergenz in . Um dies zu sehen, betrachten wir die konvexe und abgeschlossene Teilmenge der gegen konvergierenden Folgen. Für die Folge aus (a) haben wir dann , aber .
- (c)
-
Korollar 6.26 gilt analog auch für die schwach-Konvergenz: Sei eine Folge mit . Dann gilt
|
und somit .
6.31 Hauptsatz. Ist separabel, so hat jede beschränkte Folge in eine schwach-konvergente Teilfolge.
Beweis.Sei eine dichte Folge in , und sei eine beschränkte Folge in . Dann sind auch die Folgen , beschränkt. Insbesondere existiert eine Teilfolge von und mit
|
Ferner existiert eine Teilfolge von und mit
|
Sukzessive findet man für alle , eine Teilfolge von und mit
|
Wir betrachten nun die Diagonalfolge gegeben durch . Für diese Folge gilt offensichtlich
|
Weil ein Banachraum ist, in beschränkt ist und in dicht liegt, liefern Korollar 3.9(c) und (b) ein mit . Man beachte, dass die Vollständigkeit von im Beweis von Korollar 3.9 nur verwendet wird, um die Beschränktheit der Operatorenfolge zu zeigen. Diese ist aber in der vorliegenden Aussage schon vorausgesetzt. □
6.5 Reflexivität und gleichmäßige Konvexität
Sei stets ein normierter Raum über .
6.32 Notation. In Analogie zum Skalarprodukt in einem reellen Vektorraum führen wir für und die Schreibweise
|
ein. Diese Form ist im ersten und zweiten Argument linear, im Gegensatz zum Skalarprodukt in einem komplexen Vektorraum. Einige Rechnungen in diesem Abschnitt fallen in dieser Schreibweise übersichtlicher aus.
Wie in vielen Texten üblich werden wir ab jetzt häufig Argumente linearer Abbildungen nicht mehr in Klammern setzen und die Komposition linearer Abbildungen ohne das Symbol „“ schreiben.
Für einen weiteren normierten Raum , , , , und die lineare Isometrie aus Definition 6.6 gelten dann
|
6.33 Definition. Der Raum heißt reflexiv, wenn die lineare Isometrie surjektiv, also ein isometrischer Isomorphismus ist.
6.34 Bemerkungen und Beispiele.
- (a)
-
Ist ein Hilbertraum über , so ist reflexiv. Genauer gilt
|
wobei und die (antilinearen) isometrischen Isomorphismen aus dem Rieszschen Darstellungssatz (Satz 5.10) bzgl. der Hilberträume und (mit dem Skalarprodukt aus Satz 5.10(b)) sind.
- (b)
-
Ist reflexiv und topologisch isomorph zu , so ist auch reflexiv. Dies folgt direkt aus Satz 6.10(b) und Satz 6.11(b). Insbesondere ist jeder endlichdimensionale normierte Raum reflexiv, da jeder solche Raum topologisch isomorph zu einem Hilbertraum ist.
- (c)
-
Seien konjugierte Exponenten in . Die Abbildungen und , definiert durch
|
sind Isometrien (Übung). Mit gilt dabei , denn für und ist
|
Sind nun speziell , so sind und Isomorphismen (Übung), also ist auch ein Isomorphismus nach Satz 6.11. In diesem Fall ist also ein Isomorphismus, und somit ist der Raum reflexiv.
- (d)
-
Jeder reflexive normierte Raum ist isometrisch isomorph zu und somit ein Banachraum, da stets ein Banachraum ist. Allerdings ist nicht jeder Banachraum , welcher isometrisch isomorph zu ist, auch reflexiv. Der sogenannte James-Raum ist isometrisch isomorph zu , aber nicht vermöge der Abbildung . Genauer hat Kodimension in . Zur Definition von und dem Nachweis der genannten Eigenschaften siehe Robert James, A non-reflexive Banach space isometric with its second conjugate space, Proceedings National Academy of Sciences, Bd.37, 1951, S.174-177.
6.35 Hilfssatz.
- (a)
-
Ist separabel, so auch.
- (b)
-
Ist reflexiv und separabel, so ist auch separabel.
Beweis. (a) Sei . Dann ist ebenfalls separabel, d.h. es existiert eine dichte Folge . Ferner existiert für jedes ein mit und (insbesondere reellwertig). Wir zeigen nun, dass die Menge in total ist. Wäre und , so würde existieren mit und somit
|
ein Widerspruch. Es folgt also und somit nach Satz 6.15 und Bemerkung 6.16.
(b) Da reflexiv ist, ist mit auch separabel, also auch gemäß (a). □
6.36 Bemerkungen und Beispiele.
- (a)
-
Aus der Separabilität von folgt im Allgemeinen nicht die Separabilität von . Zum Beispiel ist separabel, aber ist nicht separabel (Übung). Insbesondere folgt mit Hilfssatz 6.35(b), dass nicht reflexiv ist.
- (b)
-
Ist ein überabzählbarer kompakter metrischer Raum, so ist separabel nach Korollar 4.13. Allerdings ist der Dualraum nicht separabel, da die Diracmaße , , definiert durch für , eine überabzählbare diskrete Teilmenge von bilden (Übung). Es folgt wiederum mit Hilfssatz 6.35(b), dass nicht reflexiv ist.
6.37 Satz. Seien reflexiv und ein abgeschlossener Teilraum. Dann ist auch reflexiv.
Beweis.Sei die Inklusion. Nach Satz 6.10 ist das Diagramm
|
kommutativ. Wir bemerken zunächst:
|
(6.5) |
Ist nämlich , so gilt
|
Nach Satz 6.4 ist die Restriktion stetiger linearer Funktionale auf surjektiv. Es folgt . Zum Beweis der Surjektivität von sei nun beliebig. Nach Voraussetzung existiert ein mit . Wir zeigen zunächst: . Für ist nämlich die Nullabbildung und somit
|
Es folgt nach Satz 6.15(a), also . Für beliebiges gilt
|
und somit
|
Dies liefert wegen (6.5). □
6.38 Hauptsatz. Ist reflexiv, so hat jede beschränkte Folge in eine schwach konvergente Teilfolge.
Beweis.Sei eine beschränkte Folge und . Dann ist separabel, und ist auch reflexiv nach Satz 6.37. Also ist auch separabel nach Hilfssatz 6.35(b). Sei nun für . Gemäß Hauptsatz 6.31 können wir nach Übergang zu einer Teilfolge annehmen:
|
Da reflexiv ist, existiert mit , und für alle gilt dann mit :
|
6.39 Bemerkung.
- (a)
-
Hauptsatz 6.38 liefert zusammen mit Korollar 6.26, dass in jedem reflexiven Raum die Einheitskugel „schwach folgenkompakt“ ist.
- (b)
-
Ist separabel, so gilt sogar (ohne Beweis): ist genau dann reflexiv, wenn jede beschränkte Folge in eine schwach konvergente Teilfolge besitzt.
- (c)
-
Aus Hauptsatz 6.38 folgt insbesondere, dass in jedem Hilbertraum jede beschränkte Folge eine schwach konvergente Teilfolge besitzt.
6.40 Satz.
- (a)
-
Ist reflexiv, so auch.
- (b)
-
Ist ein Banachraum und reflexiv, so ist auch reflexiv.
Beweis. (a) Zu zeigen ist die Surjektivität von . Für beliebige und gilt (mit )
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Weil surjektiv ist, liefert dies , und weil in beliebig gewählt war, folgt . Damit ist surjektiv, also bijektiv, und es gilt .
(b) Ist reflexiv, so ist nach (a) auch reflexiv. Da vermöge zu einem (nach Voraussetzung) vollständigen und somit abgeschlossenen Teilraum von topologisch isomorph ist, folgt mit Satz 6.37 und Bemerkungen und Beispiele 6.34(b), dass auch reflexiv ist. □
_________________________ Ende des Inhalts für 2024-06-21 __________________________________
Im Folgenden wollen wir ein praktisches hinreichendes Kriterium für Reflexivität herleiten, die sogenannte gleichmäßige Konvexität eines Banachraums. Zuvor benötigen wir aber zwei Hilfssätze, welche auch anderweitig nützlich sind.
6.42 Hilfssatz(„komplexer“ Trennungssatz in Ergänzung zu Abschnitt 6.3). Sei absolut konvex und abgeschlossen, und sei. Dann existieren und mit
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Beweis.Gemäß Korollar 6.20(b) existieren und mit . Für gilt dann . Wegen (aufgrund der absoluten Konvexität) erzwingt dies . Es folgt
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Für ein beliebiges existiert mit und
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Die letzte Ungleichung folgt dabei aus den Eigenschaften von und weil wegen der Symmetrie von auch in liegt. □
Im Rest des Kapitels bezeichne stets die abgeschlossene Einheitskugel des normierten Raums .
6.43 Hilfssatz. Seien mit und gegeben. Sei ferner. Dann existiert ein mit
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Beweis.Es reicht, zu zeigen, dass in der Menge
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liegt. Angenommen, es wäre . Da absolut konvex und abgeschlossen in ist, existiert gemäß Hilfssatz 6.42 ein und mit